Rz. 98
Erbstatut:
Portugal knüpft zur Bestimmung des Erbstatuts ab dem 17.8.2015 auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Todeszeitpunkt gem. Art. 21 EuErbVO an. Für Erbfälle vor Inkrafttreten der EuErbVO stellte das portugiesische Recht auf das Personalstatut des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes ab. Das Personalstatut ist das Recht des Staates, dem der Erblasser angehört. Bei Mehrstaatlern, die auch die portugiesische Staatsangehörigkeit besitzen, ging diese stets vor, sodass portugiesisches Erbrecht zur Anwendung gelangte. Portugal folgte und folgt auch nach Inkrafttreten der EuErbVO dem Grundsatz der Nachlasseinheit.
Rz. 99
Güterrecht:
Im Ehegüterrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Möglich ist eine weitgehend individuelle Gestaltung des Ehegüterrechts. Treffen die Eheleute keine Vereinbarung, so gilt der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Portugal ist Vertragsstaat der EuGüVO (Verordnung (EU) 2016/1113) sowie der EuPartVO (Verordnung (EU) 2016/1114) des Rates vom 24.6.2016.
Rz. 100
Gesetzliche Erbfolge:
Es existieren fünf Erbordnungen: Zur ersten Ordnung gehören der Ehegatte sowie die leiblichen Abkömmlinge des Erblassers. Es gilt das Repräsentationsprinzip. Erben zweiter Ordnung sind der Ehegatte und die Aszendenten. Existiert kein Ehegatte, so sind die Eltern des Erblassers Alleinerben. Der Ehegatte erbt neben Erben erster Ordnung nach der Gesamtzahl der Köpfe, mindestens jedoch ¼, neben Erben zweiter Ordnung zu ⅔. Sind keine Vorfahren vorhanden, ist der Ehegatte Alleinerbe. Erben dritter Ordnung sind die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge. Erben vierter Ordnung sind die übrigen Seitenverwandten bis zum vierten Grad. Erbe fünfter Ordnung ist der Staat. Bei Vorhandensein mehrerer Erben obliegt einem Miterben die Nachlassverwaltung (sog. Erbschaftsverwalter – cabea de casal).
Rz. 101
Testamentsformen:
Das Haager Testamentsformübereinkommen wurde nicht ratifiziert. Art. 65 CC bestimmt jedoch unter anderem, dass sich die Form für den Widerruf oder die Änderung einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen nach dem Recht des Ortes richten, an dem die Verfügung errichtet wurde (hypothetische Erbstatut). Möglich sind das notarielle öffentliche Testament (testamento público) und das verschlossene Testament (testamento cerrado), welches dem Notar übergeben wird. Gemeinschaftliche Testamente sind unzulässig und nichtig; die Errichtung eines solchen wird als Inhalts- und nicht als Formverstoß qualifiziert. Dasselbe gilt für den Erbvertrag mit Ausnahme des Ehevertrags, in welchem Schenkungen auf den Todesfall gestattet sind. Das portugiesische Erbrecht kennt die Vor- und Nacherbschaft in Form der fideikommissarische Ersatzerbschaft gem. Art. 2286 ff. CC, daneben die Auflage und das Vermächtnis.
Rz. 102
Pflichtteilsrecht:
Das portugiesische Pflichtteilsrecht ist als echtes Noterbenrecht (legítima) ausgestaltet. Überschreitet der Erblasser die disponible Quote testamentarisch, so sind die übergangenen Abkömmlinge, Ehegatte und Eltern (herdeiros legitimários) berechtigt, die Herabsetzung zu verlangen. Für die Herabsetzungsklage gilt eine Frist von zwei Jahren seit Annahme der Erbschaft. Die Quoten variieren stark und hängen von der Anzahl der Pflichtteilsberechtigten ab. In der Rechtsprechung wird das Noterbenrecht der Kinder als Teil des portugiesischen ordre public angesehen.
Rz. 103
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Die Annahme der Erbschaft kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Dabei handelt es sich um einseitiges nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Neben der einfachen Annahme der Erbschaft existiert, als weitere Form der Annahme, die Annahme unter der Vergünstigung der Inventarerrichtung. Diese Annahmeform ist, bei Anwendbarkeit portugiesischen Erbrechts, auch vor deutschen Gerichten möglich. Diese Annahmeform bringt eine Haftungsprivilegierung der Erben mit sich. Daneben kann die Erbschaft ausgeschlagen werden. Wie in vielen anderen romanischen Rechtskreisen auch, kann die Abgabe der Erklärung, ob die Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen wird, gerichtlich eingefordert werden.
Rz. 104
Erbschaftsteuer:
In Portugal ist mit Wirkung zum 1.1.2004 die Erbschaft- und Schenkungssteuer aufgehoben worden. Erhoben werden jedoch Registergebühren, insbesondere bei Übergang von portugiesischem Grundbesitz und beweglichem Vermögen von einigem Wert (Schiffe, in Portugal registriertes geistiges Eigentum). Die Anrechnung dieser Steuer wird von der deutschen Finanzverwaltung jedoch abgelehnt.