Rz. 88
Schließlich kann die Terminsgebühr auch dann entstehen, wenn das Gericht durch Gerichtsbescheid entscheidet (Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV). Voraussetzung ist aber, dass eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Kann keine mündliche Verhandlung beantragt werden, fällt keine Terminsgebühr an, weil dann das Verfahren nicht als ein Verfahren mit mündlicher Verhandlung angesehen wird.
Beispiel 36: Entscheidung durch berufungsfähigen Gerichtsbescheid
Das Verwaltungsgericht weist die Anfechtungsklage (Wert: 5.000,00 EUR) durch Gerichtsbescheid zurück und lässt die Berufung zu.
Da wegen der Möglichkeit der Berufung gegen den Gerichtsbescheid ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gegeben ist, entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV. Es bleibt bei der Verfahrensgebühr.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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434,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
454,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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86,30 EUR |
Gesamt |
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540,40 EUR |
Rz. 89
Unstrittig entsteht eine Terminsgebühr, wenn gegen den Gerichtsbescheid kein Rechtsmittel gegeben ist (§ 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Beispiel 37: Entscheidung durch ablehnenden Gerichtsbescheid im Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 5 VwGO
Das Verwaltungsgericht entscheidet über die Anfechtungsklage in einem Verfahren nach dem AsylG und weist die Klage durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO als offensichtlich unzulässig oder unbegründet zurück (Wert: 5.000,00 EUR). Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wird nicht gestellt.
Da mangels Statthaftigkeit der Berufung (§ 78 Abs. 1 S. 1 AsylG) gegen den Gerichtsbescheid ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, hätte der Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden können (§ 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Es ist daher eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV entstanden.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
434,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV |
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400,80 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
855,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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162,45 EUR |
Gesamt |
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1.017,45 EUR |
Rz. 90
Strittig ist, ob Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV nur den Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, erfasst, also dass ein Rechtsmittel überhaupt nicht gegeben ist, oder auch den Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, wonach Antrag auf mündliche Verhandlung anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung gestellt werden kann, also ein Rechtsmittel nicht generell unstatthaft, sondern lediglich nicht ohne Weiteres eröffnet ist. Ein Teil der Rspr. lehnt die Anwendung der Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV auf diesen Fall ab. Dies widerspricht aber dem Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV, weil ungeachtet der Möglichkeit des Antrags auf Zulassung der Berufung die mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Es widerspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, da das Gericht auch in diesem Fall entlastet wird, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
Beispiel 38: Entscheidung durch ablehnenden Gerichtsbescheid im Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
Das Verwaltungsgericht weist die Anfechtungsklage (Wert: 5.000,00 EUR) durch Gerichtsbescheid nach § 84 Abs. 1 S. 1 VwGO zurück und lässt die Berufung nicht zu. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wird nicht gestellt.
Da mangels Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid der Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben war (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), ist eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV entstanden.
Abzurechnen ist wie im Beispiel 37.
Rz. 91
Strittig ist ferner, ob der Anwalt die fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV nur dann verdient, wenn seine Partei durch den Gerichtsbescheid beschwert sei. Dies wird zum Teil vertreten. Nach dieser Auffassung soll die Terminsgebühr nur entstehen, wenn der Mandant selbst zulässigerweise den Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann, nicht aber, wenn nur der Gegner den Antrag stellen kann. Kann der Mandant mangels Beschwer keinen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen, soll für seinen Anwalt die fiktive Terminsgebühr ausscheiden. Auch dies ist unzutreffend. Hierzu muss man die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift betrachten. Ursprünglich war im RVG vorgesehen, dass bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid immer die fiktive Terminsgebühr anfallen sollte. Der Gesetzgeber hat dann mit dem 2. KostRMoG den Anwendungsbereich reduziert, weil er erkannt hat, dass bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist. Eine fiktive Terminsgebühr sollte jedoch grundsätzlich nur in solchen Fällen entstehen, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Daher hat der Gesetzgeber mit dem 2. KostRMoG die Terminsgebühr auf die Fälle beschränken wollen, in denen eine mündliche Verhandlung erzwungen werden kann. Dabei wollte der Gesetzgeber aber nicht darauf abstellen, welche Pa...