Leonie Lehrmann, Walter Krug
Rz. 103
Die Rechtsprechung gewährt dem Vertragserben einen Auskunftsanspruch gegen den mutmaßlich vom Erblasser Beschenkten, wenn er hinreichende Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung darlegt. Erforderlich ist, dass der Anspruchsinhaber den Hauptanspruch schlüssig darlegt und in substantiierter Weise Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, die greifbare Anhaltspunkte für eine sein Recht beeinträchtigende Schenkung ergeben.
Dazu der BGH in BGHZ 97, 188, 192/193:
Zitat
"Auch der Vertragserbe, der auf der Grundlage des § 2287 BGB gegen den vom Erblasser Begünstigten vorgehen will, kann aus § 242 BGB einen Auskunftsanspruch herleiten."
Zwar werden ihm in gewissem Umfang Beweiserleichterungen eingeräumt, damit er angemessen vor den Auswirkungen mißbräuchlicher Ausübung der für den Erblasser gemäß § 2286 BGB bestehenden Verfügungsfreiheit geschützt werden kann. Von der Vermutung der zumindest teilweisen Unentgeltlichkeit und damit von einer gemischten Schenkung kann schon dann ausgegangen werden, wenn ein auffallendes, grobes Mißverhältnis zwischen dem objektiven Wert der Leistung und dem der Gegenleistung besteht (BGHZ 82, 274, 281/282). Der Mißbrauch ist bereits dann bewiesen, wenn feststeht, daß für die unentgeltliche Zuwendung ein rechtfertigendes lebzeitiges Eigeninteresse nicht bestand; dabei hat der Begünstigte die für die Zuwendung maßgeblichen Umstände – unbeschadet der Beweislast des Vertragserben – darzulegen (BGHZ 66, 8, 16f; Johannsen DNotZ Sonderheft 1977 Seite 95; Baumgärtel/Strieder, Beweislast BGB § 2287 Rn 2–4).
Diese Beweiserleichterungen können aber den Vertragserben noch nicht ausreichend schützen. Im Verhältnis zu dem durch eine Verfügung zu seinen Lebzeiten vom Erblasser Begünstigten ist nämlich auch der Vertragserbe schutzwürdig (vgl. BGHZ 82, 274, 281). Nach dem Grundgedanken des auf § 242 BGB gestützten Auskunftsrechts soll derjenige geschützt werden, dessen Berechtigung leerzulaufen droht, weil er in entschuldbarer Weise über die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs nicht unterrichtet ist, vielmehr nur sein Anspruchsgegner die erforderlichen Kenntnisse hat und sie unschwer mitteilen kann (so grundlegend und in. w. Nachw. schon BGH Urt. v. 4.5.1964 – III ZR 159/63 – LM BGB § 2329 Nr. 5/6 = NJW 1964, 1414 unter II). Dieser Grundgedanke trifft besonders für den Vertragserben zu, der sein Erbe durch eine nach § 2287 BGB mißbilligte Zuwendung des Erblassers zu dessen Lebzeiten, von der der Vertragserbe häufig wenig weiß, bedroht sieht. …“
Rz. 104
Mit umfasst dürften nach der Rechtsprechung des BGH zur unbenannten Zuwendung und zur Vereinbarung der Gütergemeinschaft auch Auskünfte sein, die sich auf solche Rechtsgeschäfte beziehen. So dürfte sich die Auskunftspflicht auch auf ehebedingte Zuwendungen und den Inhalt von Eheverträgen erstrecken. Da sich der Herausgabeanspruch auch auf die gezogenen Nutzungen bezieht, besteht insoweit ebenfalls ein Auskunftsanspruch. Vgl. zu den erbrechtlichen Auskunftsansprüchen allgemein oben § 24 und Krug/Rudolf/Kroiß/Bittler, Anwaltformulare Erbrecht, 5. Auflage 2015, § 9.