Rz. 4

Muster 29.1: Keine Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB

 

Muster 29.1: Keine Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB

In der Strafsache

gegen _________________________

wegen _________________________

lege ich gegen den Strafbefehl vom _________________________, zugestellt am _________________________,

Einspruch

ein.

Zugleich beschränke ich den Einspruch gem. § 410 Abs. 2 StPO auf die Rechtsfolgen und hier auf das Fahrverbot.

Zur Begründung führe ich aus:

Die Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB ist nicht angezeigt. Das Fahrverbot ist als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot – auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter – aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Zweck eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Sanktionsinhalt übrigbleibt (OLG Hamm DAR 2007, 714; OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2008 – 4 Ss 21/08 – juris).

Zwischen der Höhe der Hauptstrafe und der Nebenstrafe (Fahrverbot) besteht eine Wechselwirkung. Hier hat sich das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, welches meinem Mandanten zur Last gelegt wird und bei dem ein Fremdschaden in Höhe von 300 EUR brutto entstand, bereits vor 22 Monaten ereignet. Ein Fahrverbot kann 22 Monate nach der Tat seine "Denkzettelfunktion" nicht mehr erfüllen. Die Anordnung eines Fahrverbotes als Warnungs- und Besinnungsstrafe kommt dann nicht mehr in Betracht (BGH zfs 2004, 133; OLG Hamm zfs 2004, 428; OLG Hamm VRR 2013, 363).

Grundsätzlich besteht bei der Anordnung ein Ermessen. Ausgenommen von diesem tatrichterlichen Ermessen sind nur die in Abs. 1 S. 2 genannten Fälle, nämlich §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a oder 316 StGB, sofern eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unterblieben ist. Dies bedeutet auch, dass die Verhängung des Fahrverbots in den nicht explizit genannten Fällen besonders vom Tatrichter begründet werden muss. Eine allgemeine Regel, dass immer dann, wenn von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wurde, ein Fahrverbot anzuordnen ist, existiert nicht.[5]

Die Begründungspflicht hat auch zur Konsequenz, dass dargelegt werden muss, warum entsprechend des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit keine weniger einschneidenden Maßnahmen gleich oder sogar besser geeignet sind als die Anordnung des Fahrverbots. In Betracht kommt etwa die Erhöhung der Geldstrafe.[6]

 

Rz. 5

Muster 29.2: Absehen vom Fahrverbot, Existenzbedrohung

 

Muster 29.2: Absehen vom Fahrverbot, Existenzbedrohung

Von der Verhängung eines Fahrverbots gem. § 44 StGB bitte ich Abstand zu nehmen.

Dem Tatrichter steht bei der Verhängung eines Fahrverbots gem. § 44 StGB grundsätzlich ein Ermessen zu, sofern es nicht um einen der in § 44 Abs. 1 S. 2 StGB genannten Fälle geht. Meinem Mandanten wird indes unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen. Dies bedeutet auch, dass die Verhängung des Fahrverbots in den nicht explizit genannten Fällen besonders vom Tatrichter begründet werden muss. Eine allgemeine Regel, dass immer dann, wenn von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wurde, ein Fahrverbot anzuordnen ist, existiert nicht (BayObLG zfs 1980, 221).

Die Begründungspflicht hat auch zur Konsequenz, dass dargelegt werden muss, warum entsprechend des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit keine weniger einschneidenden Maßnahmen gleich oder sogar besser geeignet sind als die Anordnung des Fahrverbots. In Betracht kommt etwa die Erhöhung der Geldstrafe oder ein eingeschränktes Fahrverbot (hierzu BGHSt 24, 348; OLG Köln zfs 1992, 67).

Zu berücksichtigen ist, dass mein Mandant in einem kleinen Dorf ohne jede vernünftige Verkehrsanbindung wohnt, alleine arbeitet, sich keinen Fahrer leisten kann und Vater eines kleinen Kindes ist, weshalb auch die Ehefrau meinen Mandanten nicht während seines Fahrverbots zu den Arbeitsstellen fahren kann. Das Fahrverbot würde sich existenzvernichtend auswirken. Dies geht über die mit einem Fahrverbot üblicherweise verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile hinaus (vgl. auch LG Amberg 2006, 289).

Nachdem mein Mandant nach schwierigem Anfang nunmehr im dritten Jahr seiner sogenannten Ich-AG sich einen festen Kundenstamm und als Sachverständiger auch die feste Zusammenarbeit mit einem Sachversicherer erworben hat, würden diese Geschäftsbeziehungen existenziell gefährdet sein, wenn er über einen Zeitraum von drei Monaten nicht mehr in der Lage wäre, seine Kunden aufzusuchen.

Höchstvorsorglich rege ich daher an, im Falle der Anordnung eines Fahrverbots bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen, nämlich Personenkraftwagen, vom Fahrverbot auszunehmen, weil nur auf diese Weise die drohende Existenzvernichtung meines Mandanten abge...

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