A. Allgemeines
Rz. 1
§ 44 StGB lässt im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis schon begrifflich die Fahrerlaubnis unberührt. Nach Ablauf des Fahrverbotes muss also keine neue Fahrerlaubnis bei der Fahrerlaubnisbehörde beantragt werden. Insofern ähnelt das strafrechtliche Fahrverbot durchaus dem ordnungswidrigkeitenrechtlichen. Es handelt sich um eine Nebenstrafe, der die Warnfunktion zugrunde liegt. Das Fahrverbot ist als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot – auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter – aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Zweck eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Sanktionsinhalt übrigbleibt.
Das Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn nach Verurteilung gem. § 315c Abs. 1 Nr. 1a, 3 oder § 316 StGB die Entziehung der Fahrerlaubnis unterbleibt.
Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung bzw. Festsetzung einer isolierten Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus. Denn das Fahrverbot gem. § 44 StGB setzt voraus, dass sich der Täter gerade nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB erwiesen hat. Deshalb kommt ein Fahrverbot neben einer Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der Festsetzung der isolierten Sperrfrist nur in Betracht, wenn das Gericht dem Täter auch das Fahren mit gem. § 4 Abs. 1 S. 2 FeV fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder nach § 69a Abs. 2 StGB bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will.
Rz. 2
Zwischen der Höhe der Hauptstrafe und der Nebenstrafe besteht eine Wechselwirkung. Das Fahrverbot kommt damit erst dann in Betracht, wenn mit der Hauptstrafe alleine der spezialpräventive Zweck nicht erreicht werden kann.
Die Fahrerlaubnis bleibt unberührt, lediglich deren Ausnutzung wird gehindert.
Rz. 3
Um taktische Rechtsmittel zu vermeiden, wurde § 44 Abs. 2 StGB eingeführt. Danach wird das strafrechtliche Fahrverbot erst einen Monat nach Rechtskraft wirksam, sofern der Führerschein nicht schon zuvor in amtliche Verwahrung gelangt.
Mit der Neuregelung wurde die Fahrverbotsdauer von drei auf sechs Monate angehoben.
Mehrere Fahrverbote sind nunmehr gem. § 44 Abs. 4 StGB nacheinander und nicht nebeneinander zu vollstrecken. Der Abs. 4 gilt nur für Fahrverbote aus verschiedenen Verfahren.
B. Muster
Rz. 4
Muster 29.1: Keine Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB
Muster 29.1: Keine Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB
In der Strafsache
gegen _________________________
wegen _________________________
lege ich gegen den Strafbefehl vom _________________________, zugestellt am _________________________,
Einspruch
ein.
Zugleich beschränke ich den Einspruch gem. § 410 Abs. 2 StPO auf die Rechtsfolgen und hier auf das Fahrverbot.
Zur Begründung führe ich aus:
Die Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 44 StGB ist nicht angezeigt. Das Fahrverbot ist als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot – auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter – aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Zweck eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Sanktionsinhalt übrigbleibt (OLG Hamm DAR 2007, 714; OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2008 – 4 Ss 21/08 – juris).
Zwischen der Höhe der Hauptstrafe und der Nebenstrafe (Fahrverbot) besteht eine Wechselwirkung. Hier hat sich das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, welches meinem Mandanten zur Last gelegt wird und bei dem ein Fremdschaden in Höhe von 300 EUR brutto entstand, bereits vor 22 Monaten ereignet. Ein Fahrverbot kann 22 Monate nach der Tat seine "Denkzettelfunktion" nicht mehr erfüllen. Die Anordnung eines Fahrverbotes als Warnungs- und Besinnungsstrafe kommt dann nicht mehr in Betracht (BGH zfs 2004, 133; OLG Hamm zfs 2004, 428; OLG Hamm VRR 2013, 363).
Grundsätzlich besteht bei der Anordnung ein Ermessen. Ausgenommen von diesem tatrichterlichen Ermessen sind nur die in Abs. 1 S. 2 genannten Fälle, nämlich §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a oder 316 StGB, sofern eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB unter...