Dr. iur. Karl-Peter Pühler
A. Einführung
Rz. 1
Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bestehen zwischen den Parteien verschiedene Rechte und Pflichten, die im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzprozess Gegenstand von Auseinandersetzungen sein können. Wenn also im Folgenden von "Nebenansprüchen" die Rede ist, sind hiermit nicht Nebenansprüche im zivilprozessualen Sinne gemeint, sondern Ansprüche, die Arbeitnehmern oder Arbeitgebern bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehen können. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht automatisch die Geltendmachung derartiger Ansprüche bewirkt. Entsprechendes gilt aus Arbeitgebersicht für den Klageabweisungsantrag, der ebenfalls nicht automatisch eine entsprechende Anspruchsgeltendmachung beinhaltet. Nachfolgend soll auf die Nebenansprüche Entgelt und Zeugnis eingegangen werden.
B. Entgeltansprüche des Arbeitnehmers
I. Klage auf Bruttoentgelt
Rz. 2
Der Entgeltanspruch für den Zeitraum ab Ausspruch der Kündigung ergibt sich i.d.R. aus den §§ 611, 615 S. 1 BGB i.V.m. §§ 293 ff. BGB, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hat, obwohl der Arbeitnehmer leistungsfähig und leistungsbereit war und das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet worden ist. Dabei schuldet der Arbeitgeber, soweit einzel- oder tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, grundsätzlich den Bruttolohn, so dass auch die Entgeltklage auf den Bruttobetrag zu richten ist.
Rz. 3
Wenn der Arbeitgeber die geschuldete Zahlung nicht leistet, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich die Bruttovergütung einklagen, wobei nach der Entscheidung des Großen Senats des BAG auch die Zinsen aus dem Bruttobetrag verlangt werden können. Zu beachten ist insoweit, dass § 288 BGB seit der Schuldrechtsreform hinsichtlich der Zinshöhe zwischen Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, und solchen, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, differenziert. Das BAG hat zwischenzeitlich entschieden, dass der Verzugszinssatz für Ansprüche eines Arbeitnehmers aus einem Altersteilzeitverhältnis fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt. Das BAG hat in einer weiteren Entscheidung klargestellt, dass der Arbeitsvertrag Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB ist. Daher ist die für den Arbeitnehmer geltend zu machende Forderung auf fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz zu begrenzen.
Rz. 4
Formulierungsbeispiel
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (…) EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem (…) zu zahlen.
II. Arbeitslosengeld
Rz. 5
Hinsichtlich der Aktivlegitimation ist zu klären, ob der Arbeitnehmer zwischenzeitlich von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld erhalten hat. Da der Arbeitnehmer bei Überleitung durch die Bundesagentur für Arbeit nicht mehr Gläubiger der Forderung ist, muss ein entsprechender Betrag in Abzug gebracht werden. Ein Antrag würde dann etwa wie folgt lauten.
Rz. 6
Formulierungsbeispiel
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (…) EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds i.H.v. (…) EUR zu zahlen.
Rz. 7
Liegen die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 ArbGG, § 259 ZPO vor, kann ggf. auch Antrag auf zukünftige Leistungen gestellt werden.
III. Checkliste
Rz. 8
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Bruttovergütung ermitteln |
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Einmalzahlungen/Sonderzahlungen beachten |
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Verjährungsfristen beachten |
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Ausschlussfristen beachten |
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Zinsen geltend machen |
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Ggf. Arbeitslosengeld in Abzug bringen |
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In Ausnahmefällen: Klage auf zukünftige Leistung erheben |
C. Ansprüche auf Zeugniserteilung/Zeugnisberichtigung
I. Arbeitszeugnis
Rz. 9
Nach § 109 Abs. 1 GewO i.V.m. § 630 S. 4 BGB hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Zeugnisansprüche können sich auch auf der Grundlage tarifvertraglicher Ansprüche (vgl. u.a. § 35 TVöD) oder auf gesetzlicher Basis (vgl. § 92 BBG) ergeben. Nach der Neufassung des § 630 BGB steht auch Dienstverpflichteten, die selbstständige Arbeit verrichten, ein Zeugnisanspruch zu.
Rz. 10
Das Zeugnis muss nach § 109 Abs. 1 S. 2 GewO mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten (sog. einfaches Zeugnis). Der Arbeitnehmer kann verlangen – er muss dies dann aber auch entsprechend umsetzen –, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken (sog. qualifiziertes Zeugnis). Nach § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Eine Erteilung d...