Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 114
Bei einer Betriebsratsanhörung wegen einer Verdachtskündigung ist der Unterschied zwischen Verdachtskündigung und Tatkündigung zu beachten. Eine Verdachtskündigung ist gegeben, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines nicht erwiesenen strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zwischen den Vertragsparteien zerstört (siehe im Einzelnen § 30 Rdn 291).
Rz. 115
Eine Tatkündigung liegt hingegen vor, wenn der Arbeitgeber die Verfehlung des Arbeitnehmers als sicher hinstellt und aufgrund dessen die Kündigung ausspricht.
Hinweis
Der Arbeitgeber muss infolgedessen den Betriebsrat zweifelsfrei darüber unterrichten, welche Art der Kündigung er beabsichtigt.
Wird der Betriebsrat wegen einer erwiesenen Straftat angehört, ersetzt dies nicht die Betriebsratsanhörung wegen einer Verdachtskündigung, wenn sich im späteren Verlauf herausstellt, dass die Straftat nicht bewiesen werden kann und der Arbeitgeber daher auf eine Verdachtskündigung zurückgreifen möchte (BAG v. 3.4.1986, DB 1986, 2187). Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt ggü. dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf regelmäßig nicht enthalten ist (BAG v. 3.4.1986, NZA 1986, 677).
Rz. 116
Hinweis
Es ist daher dringend zu empfehlen, bei einer Kündigung wegen erwiesener Straftat den Betriebsrat stets hilfsweise auch zu einer Verdachtskündigung anzuhören.
Rz. 117
Hinsichtlich der Information des Betriebsrates über die Kündigungsgründe bei einer Verdachtskündigung bestehen i.Ü. besondere Anforderungen. Eine Verdachtskündigung ist nur dann begründet, wenn der Arbeitgeber alles Zumutbare getan hat, um den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehört auch die Anhörung des in Verdacht geratenen Arbeitnehmers. Wird eine Verdachtskündigung ohne Anhörung des Arbeitnehmers ausgesprochen, ist sie unwirksam (BAG v. 30.4.1987, NZA 1987, 699; BAG v. 11.4.1985, NZA 1986, 674). Der Betriebsrat ist infolgedessen nicht nur über die Tatsachen zu unterrichten, die aus Sicht des Arbeitgebers zu einer Zerstörung des Vertrauens geführt haben, sondern auch über die vom Arbeitgeber durchgeführten Aufklärungsbemühungen sowie das Ergebnis der Anhörung des Arbeitnehmers. Fehlt es an dieser Darlegung, ist die Kündigung bereits nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam.
Hinweis
Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung ist der Arbeitnehmer anzuhören. Der Betriebsrat ist über das Ergebnis der Anhörung zu informieren.