Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 12
Eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung ist grds. auch ohne Angabe des Kündigungsgrundes wirksam (BAG v. 17.8.1972 – 2 AZR 415/71, DB 1973, 481). Erst nach ausdrücklichem Verlangen des Erklärungsempfängers muss der Kündigende bei Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung die Gründe gem. § 626 Abs. 2 S. 3 BGB schriftlich und unverzüglich (§ 121 BGB) mitteilen. Im Fall einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer gem. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG auf Verlangen die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Erfolgt keine Mitteilung, wirkt sich dies nicht auf die Wirksamkeit der Kündigung aus. Allerdings entstehen ggf. Schadensersatzansprüche gem. § 280 BGB, die auf Ersatz der Prozesskosten gerichtet sein können, nicht aber auf die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses. Die Kosten des Prozessbevollmächtigten in der ersten Instanz sind gem. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG jedoch nicht erstattungsfähig (BAG v. 30.4.1992 – 8 AZR 288/91, NZA 1992, 1101).
Rz. 13
Umstritten ist, ob Arbeitnehmer in sonstigen Fällen einen Anspruch aus arbeitsvertraglichen Nebenpflichten auf Mitteilung der Kündigungsgründe gegen den Arbeitgeber haben (bejahend: Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen, D, Rn 26). Gegen einen solchen nebenvertraglichen Anspruch spricht indes, dass das Gesetz den Mitteilungsanspruch für bestimmte Fälle ausdrücklich gewährt. Daraus lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber Mitteilungsansprüche außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Spezialregelungen nicht vorsehen wollte.
Rz. 14
In bestimmten Ausnahmefällen ist eine schriftliche Begründung der Kündigung jedoch erforderlich. Dies ist zum einen der Fall, wenn einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung die Kündigung erklärt wird nachdem die zuständige Behörde gem. § 9 Abs. 3 S. 1 MuSchG zugestimmt hat. In einem solchen Fall ist in dem Kündigungsschreiben der zulässige Kündigungsgrund anzugeben. Erfolgt dies nicht, ist die Kündigung nach § 125 S. 1 BGB nichtig, auch wenn die zuständige Behörde zugestimmt hat. Auch bei der außerordentlichen Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit muss der Kündigungsgrund angegeben werden (§ 22 Abs. 3 BBiG). Anderenfalls ist die außerordentliche Kündigung unwirksam (BAG v. 22.2.1972 – 2 AZK 205/71, DB 1972, 1731 = RdA 1972, 315; BAG v. 25.11.1976, DB 1977, 868 = RdA 1977, 127).
Rz. 15
Ferner kann sich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Kündigungsgründe anzugeben, aus dem Arbeitsvertrag, aus Betriebsvereinbarungen oder aus tarifvertraglichen Regelungen ergeben. Hier ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Angabe der Kündigungsgründe Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist oder lediglich dem Kündigungsgegner ein Anspruch auf Mitteilung der Kündigungsgründe eingeräumt werden soll. Ist Letzteres der Fall, müssen die Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben genau genannt werden. Schlagworte reichen ebenso wenig (BAG v. 10.2.1999, NZA 1999, 604) wie die Bezugnahme auf inhaltlich nicht näher umschriebene Gespräche (BAG v. 10.2.1999 – 2 AZR 176/98, NZA 1999, 602).