Dr. iur. Pierre Plottek, Malte Masloff
Rz. 44
Die Vollmacht kann als trans- oder postmortale Vollmacht ausgestaltet oder bis zum Todesfall begrenzt werden (siehe Rdn 36). Im letzteren Fall erlischt die Vollmacht dann mit dem Tod des Vollmachtgebers. Nach allgemeinem Schuldrecht erlischt die Vollmacht ferner mit Beendigung des ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses (§ 168 S. 1 BGB). Wird daher das Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis beendet, sei es in Folge einer Befristung oder eines Auftragswiderrufs, erlischt auch die Vollmacht. Zum Schutz des Rechtsverkehrs wirkt die Vollmacht jedoch fort, wenn nach den §§ 170–173 BGB ein besonderes Vertrauen gerechtfertigt ist. Bei Vorliegen einer Vollmachtsurkunde erlischt die Vollmacht deswegen erst mit Rückgabe der Urkunde an den Vollmachtgeber oder Kraftloserklärung der Urkunde (§ 172 Abs. 2 BGB). Schließlich erlischt die Vollmacht auch durch den Tod des Bevollmächtigten, wenn nicht ein Ersatzbevollmächtigter vorgesehen ist.
Rz. 45
Die Vollmacht ist grundsätzlich widerruflich ausgestaltet (§ 168 S. 2 BGB). Dabei geht das Recht zum Widerruf nach § 1922 BGB auf die Erben über. Auch der Testamentsvollstrecker kann nach h.M. eine Vollmacht im Rahmen von § 2205 BGB widerrufen, soweit die letztwillige Verfügung nicht etwas anderes bestimmt. Auch Nachlassverwalter und Nachlasspfleger sind zum Widerruf berechtigt. Bei einer Erbengemeinschaft müssen grundsätzlich alle Erben den Widerruf der Vollmacht erklären. Erklären nur einzelne Erben der Erbengemeinschaft den Widerruf, so erlischt die Vollmacht nur partiell gegenüber den widerrufenden Erben, für die übrigen Erben bleibt die Bevollmächtigung unberührt. Der Widerrufende kann deswegen auch nicht die Herausgabe der Vollmachtsurkunde verlangen, nur die Vorlegung zur Anbringung des beschränkten Widerrufsvermerks. Für die bedeutenden Vertretungsfälle der Praxis, in denen es um die Verfügung über Nachlassgegenstände der ungeteilten Erbengemeinschaft geht, führt die gemeinschaftliche Verfügungsmacht der Erben (§ 2040 BGB) jedoch dazu, dass der Bevollmächtigte ohne Zustimmung des widerrufenden Erben nicht tätig werden kann. Der Widerruf der Vollmacht kann als actus contrarius gegenüber dem Bevollmächtigten oder einem Dritten, dem die Bevollmächtigung gegenüber gelten soll, erfolgen (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 BGB). Der Widerruf kann auch öffentlich bekannt gemacht werden (§ 171 Abs. 2 BGB). Nach § 175 BGB (analog) hat der Bevollmächtigte oder Dritte eine Vollmachtsurkunde dann zurückzugeben.
1. Ausschluss des Widerrufs der Vollmacht
Rz. 46
Der Ausschluss von Widerrufsmöglichkeiten bei Vollmachten ist wie folgt darzustellen:
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Ausschluss des Widerrufs wirksam |
Ausschluss des Widerrufs unwirksam |
Einseitiger Verzicht des Vollmachtgebers |
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(BayObLG DNotZ 1997, 312, danach auch bei Beurkundung der Verzichtserklärung des Vollmachtgebers unwirksam, str.) |
Zweiseitiger Vertrag zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem |
Verbreitet wird dies nur zugelassen, wenn auch die Erben an der Vereinbarung beteiligt sind. Ausschluss ist jedenfalls auch konkludent möglich, insbes. wenn berechtigtes Interesse des Bevollmächtigten, z.B. bei Treuhandverhältnissen oder Auflassungsvollmacht für den Begünstigten, vorliegt. |
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Vollmacht ausschließlich im Interesse des Vollmachtgebers |
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(BGH DNotZ 1972, 229) |
Generalvollmachten |
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(BGH DNotZ 1972, 229 m. Verweis auf die Umgehung der Testamentsvollstreckung) |
Auch die unwiderrufliche Vollmacht kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden. Ist der Ausschluss des Widerrufs unwirksam, bleibt die Vollmacht im Übrigen wirksam (§ 139 BGB).
2. Abgrenzung der Vollmacht zur Testamentsvollstreckung
Rz. 47
Will der Erblasser den Widerruf der Vollmacht durch seine Erben verhindern, bieten sich neben dem Ausschluss des Widerrufs erbrechtliche Strafklauseln für den Fall des Widerrufs oder Auflagen an. Damit wird die Vollmacht zu einer echten Alternative der Testamentsvollstreckung, insbesondere in den Fällen, in denen der Erblasser aufgrund einer Bindungswirkung – etwa bei gemeinschaftlichem Testament (§ 2289 Abs. 1 BGB) – an der Anordnung der Testamentsvollstreckung gehindert ist. Will der Erblasser für die Erben bindende Vorkehrungen für seinen Nachlass treffen, so kann die Widerruflichkeit der Vollmacht durch die Erben problematisch sein und die Vollmacht als unzureichend erscheinen lassen. In diesen Fällen kann die Testamentsvollstreckung das richtige Gestaltungsmittel sein (siehe § 16 u. § 7).
Rz. 48
Die postmortale Vollmacht bleibt aber auch im Rahmen der Testamentsvollstreckung sinnvoll, etwa um die Rechte des Testamentsvollstreckers zu erweitern und ihn von Zustimmungserfordernissen der Erb...