Rz. 109
Bei einem nur vorübergehend verringerten Personalbedarf kann die Erforderlichkeit der Kündigung schon daran scheitern, dass eine Personalauslastung in absehbarer Zeit wieder zu erwarten ist. In diesem Fall kann eine Arbeitsstreckung ein durchaus geeignetes, milderes Mittel darstellen.
Rz. 110
Nach der Rspr. des BAG kommt eine Umstellung auf Teilzeitbeschäftigung zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung nicht in Betracht. Es ist der autonomen Entscheidung des Arbeitgebers vorbehalten, ob er Arbeitsaufgaben durch Vollzeit- oder Teilzeitkräfte erledigen lässt. Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung als milderes Mittel scheidet grundsätzlich ebenfalls aus, weil dem regelmäßig zwingende tarif-, mitbestimmungs- und individualrechtliche Schranken entgegenstehen. Fällt der Beschäftigungsbedarf für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer teilweise weg, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesem Arbeitnehmer ein Teilzeitarbeitsverhältnis anzubieten (vgl. auch Rdn 105).
Rz. 111
Der Arbeitgeber muss sich auf den möglichen Abbau von Überstunden verweisen lassen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung von vergleichbaren Arbeitnehmern derselben Abteilung Überstunden in erheblichem Umfang geleistet werden und dies nicht zur Überbrückung eines vorübergehenden Engpasses notwendig ist. Haben die Arbeitnehmer eines Betriebs im Rahmen einer Jahresarbeitszeitregelung in erheblichem Umfang Guthabenstunden angespart, so hat der Arbeitgeber bei schlechter Auslastung der Arbeitnehmer zunächst Guthabenstunden aller Arbeitnehmer abzubauen, ehe er einzelnen Arbeitnehmern betriebsbedingt kündigt.
Rz. 112
Das BAG hat die Einführung von Kurzarbeit als Möglichkeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen grundsätzlich anerkannt, soweit der eingetretene Beschäftigungsmangel dadurch aufgefangen werden kann. Sie ist nur bei einem vorübergehenden Arbeitsmangel möglich, nicht wenn die Unternehmerentscheidung zur Kündigung auf einen dauerhaft geringeren Personalbedarf ausgerichtet ist. Bei einem dauerhaften Wegfall kommt die Inanspruchnahme der Kurzarbeit naturgemäß nicht in Betracht. Der Arbeitgeber benötigt zur Einführung von Kurzarbeit die Zustimmung des Betriebsrats. Zumutbar kann die Einführung von Kurzarbeit deshalb nur sein, wenn der Betriebsrat sein Einverständnis erteilt. Vom Arbeitgeber kann nicht verlangt werden, die Einigungsstelle anzurufen. Das BAG erkennt die unternehmerische Entscheidungsfreiheit an, auf die Einführung von Kurzarbeit zu verzichten und stattdessen betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, soweit der Betriebsrat von seinem Initiativrecht zur Einführung der Kurzarbeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG keinen Gebrauch gemacht hat. Soweit der Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsmangels bereits Kurzarbeit eingeführt hat, schließt dies betriebsbedingte Kündigungen als zusätzliche Maßnahmen nicht aus, die Kurzarbeit kann aber gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf sprechen.