Rz. 244
Aus der kündigungsrechtlichen Warnfunktion der Abmahnung ergibt sich zwingend folgender Mindestinhalt einer Abmahnung:
▪ |
konkrete Bezeichnung des Fehlverhaltens und |
▪ |
Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfall. |
Fehlt eine dieser beiden Voraussetzungen, so ist die Abmahnung unwirksam.
1. Konkrete Bezeichnung (eines) Fehlverhaltens
Rz. 245
Nach der Rspr. des BAG muss der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer “hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise“ Leistungsmängel beanstanden. Der Arbeitnehmer soll eindeutig und unmissverständlich ersehen können, was ihm zum Vorwurf gemacht wird, welches Verhalten der Arbeitgeber missbilligt und in welcher Hinsicht seine Leistungen nicht dessen Anforderungen entsprechen. Es genügt also nicht, die Pflichtverletzungen lediglich allgemein zu umschreiben und hierbei nur schlagwortartige Bezeichnungen zu gebrauchen. Die Abmahnung muss inhaltlich bestimmt sein. Eine Abmahnung wegen "mangelhafter Leistungen", wegen "ungebührlichen Verhaltens", wegen "häufiger Verspätung", wegen "Unzuverlässigkeit" etc. ist zu unsubstantiiert. Dies gilt erst Recht für die – in der Praxis häufig anzutreffende – Formulierung: "Ihre Leistungen lassen zu wünschen übrig" oder pauschalen Hinweise wie "wegen der Ihnen bekannten Vorkommnisse" oder "aus gegebenem Anlass". Eine Bezugnahme im Abmahnungsschreiben auf ein vorangegangenes Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nur zulässig, wenn sich hieraus unmissverständlich die Beanstandungen des Arbeitgebers ergeben. Soll ein außerdienstliches Verhalten abgemahnt werden, bedarf es der vorherigen Aufstellung klarer und verhältnismäßiger Verhaltensregeln.
Rz. 246
Praxishinweis
Im Fall der Minderleistung ist wichtig, dass der Arbeitnehmer im Abmahnungsschreiben nicht aufgefordert werden darf, "durchschnittliche Arbeitsergebnisse" zu erzielen, denn eine solche Verpflichtung besteht nicht. Der Arbeitnehmer darf lediglich unter Hinweis auf die Unterdurchschnittlichkeit der bisher erzielten Ergebnisse aufgefordert werden, seine persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen.
Rz. 247
Eine Abmahnung kann sich grundsätzlich auch auf mehrere Beanstandungen beziehen. Nach der Rspr. des BAG hat der Arbeitnehmer, wenn in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt werden und davon nicht alle zutreffen, einen Anspruch auf Entfernung des vollständigen Abmahnungsschreibens. Die Abmahnung kann also nicht teilweise aufrechterhalten werden. Soweit auch nur ein Vorwurf unbegründet ist, muss die Abmahnung insgesamt aus der Personalakte entfernt werden. Allerdings kann der Arbeitgeber anschließend eine auf die zutreffenden Pflichtverletzungen begrenzte Abmahnung aussprechen.
Rz. 248
Praxishinweis
In der Praxis scheitern die meisten Abmahnungen daran, dass sie das Fehlverhalten nicht konkret genug bezeichnen. Als Grundsatz sollte gelten, in der Abmahnung das Fehlverhalten so genau zu beschreiben, wie beim Tatsachenvortrag für eine verhaltensbedingte Kündigung im Kündigungsschutzprozess. In einer Abmahnung sollte immer nur eine Pflichtverletzung abgemahnt werden. Hat der Arbeitnehmer mehrere Pflichtverletzungen begangen, sollten mehrere (unterschiedliche) Abmahnungen erteilt werden.
2. Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen
Rz. 249
Der Arbeitnehmer muss aufgefordert werden, das beanstandete Verhalten abzustellen bzw. nicht zu wiederholen. Für den Wiederholungsfall sind ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen anzudrohen. Diese arbeitsrechtlichen Konsequenzen müssen benannt werden. Es reicht die Ankündigung, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Die Androhung "arbeitsrechtlicher Konsequenzen" kann eine hinreichende Warnung vor einer Bestandsgefährdung des Arbeitsverhältnisses sein. Es ist ausreichend, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, dass der Arbeitgeber im Wiederholungsfall möglicherweise auch mit einer Kündigung reagieren werde. Es ist für die Wirksamkeit nicht erforderlich, dass das Wort Abmahnung ausdrücklich benutzt wird. In der Praxis sollte eine Abmahnung allerdings als solche bezeichnet werden. Fehlt eine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, handelt es sich lediglich um eine Ermahnung, die als Voraussetzung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nicht ausreicht. Allerdings können und sollten Ermahnungen im Rahmen der Interessenabwägung der nach einer Abmahnung erklärten Kündigung aufgeführt werden.
3. Abmahnungsberechtigung
Rz. 250
Für eine wirksame Abmahnung ist es nicht e...