Rz. 83
Auf der Grundlage der Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung sind mit dieser die Beratungen aufzunehmen. Die Beratungsverpflichtung ist vor jeder Massenentlassung zu erfüllen. Sie besteht unabhängig davon, ob objektiv überhaupt noch eine Möglichkeit besteht, die beabsichtigen Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken. Auch wenn der Betrieb bereits stillgelegt worden ist, sind die Beratungen mit der Arbeitnehmervertretung durchzuführen. Sie kann inhaltlich nicht nur die Möglichkeit zur Vermeidung oder Einschränkung der Entlassungen betreffen, sondern auch die Möglichkeit, die Folgen der Entlassungen durch soziale Begleitmaßnahmen zu mildern, etwa durch Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulungen der zu entlassenden Arbeitnehmer.
1. Inhaber des Beratungsanspruchs
Rz. 84
Die Beratung muss mit der zuständigen Arbeitnehmervertretung durchgeführt werden. Die Beisitzer der Arbeitnehmervertretung in einer Einigungsstelle sind mit der jeweiligen Arbeitnehmervertretung häufig schon nicht in tatsächlicher Hinsicht, jedenfalls aber nicht in rechtlicher Hinsicht identisch. Ob Beratungen im Rahmen einer Einigungsstelle den Konsultationsanspruch daher erfüllen können, ist streitig. Denkbar ist dies nur, wenn die Arbeitnehmervertretung durch ihren Vorsitzenden vertreten ist oder das Gremium die Beisitzer als Verhandlungskommission in die Verhandlungen entsandt hat. Beratungen mit dem Wirtschaftsausschuss erfüllen die Beratungsverpflichtung aus § 17 Abs. 2 KSchG nicht.
2. Inhalt des Beratungsanspruchs
Rz. 85
Der Arbeitgeber hat die Beratung mit der Arbeitnehmervertretung gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 der Richtlinie zumindest auf die Möglichkeiten zu erstrecken, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken, ebenso auf die Möglichkeiten, ihre Folgen durch soziale Begleitmaßnahmen, die insbesondere Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulungen der entlassene Arbeitnehmer zum Ziel haben können, zu mildern.
Rz. 86
Diese Beratungspflicht geht über eine bloße Anhörung deutlich hinaus und muss von dem Ziel einer Einigung getragen sein. Der Arbeitnehmervertretung muss ein konkretes Verhandlungsangebot unterbreitet werden. Die Erfüllung der Konsultationsverpflichtung verlangt deshalb, dass der Arbeitgeber mit dem ernstlichen Willen zur Einigung Verhandlungen mit der Arbeitnehmervertretung aufnimmt und bereit ist, deren abweichende Vorschläge ins Kalkül zu ziehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Sachdienliche Fragen der Arbeitnehmervertretung im Zusammenhang mit der Massenentlassung hat der Arbeitgeber vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Der Beratungsanspruch wird auch dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber die Vermeidung oder Einschränkung von Entlassungen von bestimmten Bedingungen abhängig macht. Auch eine absolute Verhandlungs(mindest)dauer ist nicht vorgeschrieben. Dennoch muss der Arbeitgeber der Arbeitnehmervertretung ausreichend Zeit geben, zu den beabsichtigten Entlassungen zu beraten und die gesetzlich vorgesehene Stellungnahme abzugeben. Aus dem Gebot der rücksichtsvollen Zusammenarbeit ergibt sich hieraus die Verpflichtung, der Arbeitnehmervertretung auch zeitlich die Möglichkeit zu geben, eine Sitzung zur Beschlussfassung über die Stellungnahme ordnungsgemäß einzuleiten und durchzuführen.
3. Abschluss des Konsultationsverfahrens
Rz. 87
Die Konsultationspflicht ist der Sache nach regelmäßig erfüllt, wenn der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung einen Interessenausgleich abschließt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, ob und in welchem Umfang es zu Entlassungen kommen wird. Bei einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens nach §§ 111 ff. BetrVG ist in der Regel auch den Anforderungen an das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG genügt. Auch die Abgabe der Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung beendet das Konsultationsverfahren, ebenso die Übereinkunft der Betriebsparteien, dass alle Einigungsversuche ausgeschöpft sind.
Rz. 88
Der Arbeitgeber hat das Konsultationsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie zwar mit dem Ziel einer Einigung zu führen, unterliegt allerdings keinem Einigungszwang. Der Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans oder die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens ist deshalb nicht Voraussetzung für den Abschluss der Konsultation. Kommt es nicht zu einer Einigung der Betriebsparteien, ist das Konsultatio...