Rz. 37
Ein Anwalts- oder Steuerberatungsvertrag ist ausnahmsweise ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter (§§ 631, 675 Abs. 1 BGB), wenn er einen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg betrifft (§ 631 Abs. 2 BGB), etwa auf die Erstellung eines Gutachtens oder eines Vertragsentwurfs gerichtet ist. Verpflichtet sich der Steuerberater zur Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens, handelt es sich ebenfalls um einen Werkvertrag. Dasselbe wird bei einem Anwaltsvertrag anzunehmen sein, wenn dem Anwalt diese Aufgabe nicht innerhalb eines Beratungsmandats, sondern als einzelner gesonderter Auftrag erteilt worden ist.
Rz. 38
Der Auftrag an den Steuerberater, einen nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschluss zu erstellen, enthält stets eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter; denn der Steuerberater schuldet insoweit einen Leistungserfolg, als der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen muss. Der Jahresabschluss darf die Grenzen der rechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten nicht überschreiten. Der Jahresabschluss ist auch dann mangelhaft, wenn er angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft entgegen § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB objektiv zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Entgegen einer älteren Rechtsprechung ist auch dann ein Werkvertrag zu bejahen, wenn der Auftrag zur Erteilung des Jahresabschlusses innerhalb eines Dauermandats erteilt worden ist; denn dadurch ändert sich die geschuldete Leistung nicht.
Rz. 39
Bei einem Werkvertrag richtet sich die Schadensersatzhaftung nach § 634 Nr. 4 BGB. Ist der Jahresabschluss mängelfrei, kann gleichwohl eine Haftung nach §§ 675, 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Hinweis- oder Warnpflicht in Betracht kommen. Eine solche Hinweispflicht besteht selbst bei einem auf den Jahresabschluss beschränkten Auftrag, soweit dem Steuerberater Gefahren bekannt sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und er Grund zu der Annahme hat, dass seinem Auftraggeber die Gefahr nicht bekannt ist.
Rz. 40
In diesen Fällen gelten uneingeschränkt die Vorschriften über die Mängelhaftung des Werkunternehmers (§§ 633 ff. BGB), die weitgehend an das neue Gewährleistungsrecht des Kaufvertrages (§§ 434 ff. BGB) angepasst sind, sodass es kein selbstständiges Gewährleistungsrecht des Werkvertrages mehr gibt, und zusätzlich eine neue Verjährungsregelung für Mängelansprüche (§ 634a BGB) enthalten.