Rz. 360

Verfügt der Arbeitnehmer über seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt, indem er ihn z.B. einem Dritten überträgt, steht diesem nach § 170 Abs. 1 SGB III auch der Anspruch auf Insolvenzgeld zu. Durch diese Regelung wird der Arbeitsentgeltanspruch mit dem Anspruch auf Insolvenzgeld verklammert.

 

Rz. 361

Der Anspruch auf Insolvenzgeld steht immer demjenigen zu, der Inhaber des Anspruchs auf Arbeitsentgelt ist. Gesonderte Verfügungen über den Anspruch auf Insolvenzgeld einerseits sowie den Anspruch auf Arbeitsentgelt andererseits sind nicht möglich, da der Insolvenzgeldanspruch weder übertragen, verpfändet noch gepfändet werden kann, bevor der entsprechende Antrag auf Gewährung des Insolvenzgeldes gestellt worden ist.

 

Rz. 362

 

Hinweis

Es ist zu beachten, dass derjenige, zu dessen Gunsten über das Arbeitsentgelt verfügt worden ist, im Hinblick auf das Insolvenzgeld in die Stellung des Arbeitnehmers einrückt und dementsprechend auch die Voraussetzungen für die Antragstellung erfüllen muss, z.B. die zweimonatige Ausschlussfrist einzuhalten hat.

 

Rz. 363

Die Arbeitsagenturen lassen dies aber genügen, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag auf Insolvenzgeld stellt, obwohl er nicht mehr Inhaber des Anspruchs ist und der Verfü­gungsberechtigte (auf den der Anspruch auf Arbeitsentgelt übertragen worden ist) diesen Antrag fristgerecht genehmigt.

 

Rz. 364

Auch der Dritte kann einen Antrag auf Vorschusszahlung stellen. Bei der daraufhin erforderlichen Ermessensausübung wird die Arbeitsagentur auf die Person des Dritten und nicht diejenige des Arbeitnehmers abstellen.

 

Rz. 365

Der Übergang des Anspruchs auf Insolvenzgeld auf einen Dritten setzt voraus, dass der Forderungsübergang zulässig ist. Dies ist bei Ansprüchen auf Arbeitsentgelt grundsätzlich gegeben; allerdings kann dies arbeitsvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein.

 

Rz. 366

Neben der vereinbarten Abtretung kann ein gesetzlicher Forderungsübergang stattfinden. Dies ist vor allen in den Fällen der Gleichwohlgewährung nach § 157 SGB III der Fall, wonach ein Übergang nach § 115 SGB X stattfindet. In diesen Fällen wird Arbeitslosengeld gewährt, obwohl das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist und der Arbeitnehmer noch Anspruch auf Arbeitsentgelt hat, dieses aber nicht erhält.

 

Rz. 367

 

Hinweis

Das Gleiche gilt für eine Krankenkasse, die bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers Krankengeld zahlt, weil der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist. Auch hier geht der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers nach § 115 SGB X auf die leistende Krankenkasse über und damit auch der Anspruch auf Insolvenzgeld.

 

Rz. 368

Hat die Arbeitsagentur keine Kenntnis von einer zulässigen Verfügung des Arbeitnehmers über sein Arbeitsentgelt und zahlt sie deswegen im guten Glauben Insolvenzgeld an den Arbeitnehmer, tritt eine befreiende Wirkung in analoger Anwendung der §§ 407, 768 BGB ein.

 

Rz. 369

Wird ein Anspruch auf Arbeitsentgelt gepfändet (§§ 829 ff., 850 ff. ZPO) oder verpfändet (§ 1273 BGB), erstreckt sich das Pfandrecht auch auf den Anspruch auf Insolvenzgeld, sofern ein Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld noch nicht gestellt worden ist. Es ist gleichgültig, ob die Arbeitsagentur von der Verpfändung oder Pfändung Kenntnis hat. Bei Unkenntnis der Arbeitsagentur kann sie Insolvenzgeld an den Arbeitnehmer mit befreiender Wirkung zahlen (siehe Rdn 368).

 

Rz. 370

Ist der Arbeitsentgeltanspruch noch nicht fällig, darf die Arbeitsagentur an den Arbeitnehmer und den Dritten nur gemeinschaftlich leisten, z.B. durch Hinterlegung gem. §§ 1281, 1224 BGB. Ist der Arbeitsentgeltanspruch gerichtlich gepfändet worden, hat die Arbeitsagentur an den Dritten zu zahlen, wenn der Überweisungsbeschluss vorgelegt worden ist (§§ 835, 829 ZPO).

 

Rz. 371

Sind die Ansprüche auf Arbeitsentgelt mit dem Antrag auf Insolvenzgeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen und hat sie Insolvenzgeld an den Berechtigten gezahlt, erlöschen die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte. Hierdurch wird die Bundesagentur für Arbeit davor geschützt, dass der Pfandgläubiger wegen weitergehender Arbeitsentgeltansprüche gegen sie vorgeht, wenn sie Insolvenzgeld an den Berechtigten gezahlt hat.

 

Rz. 372

Dies gilt nicht, wenn die BA Insolvenzgeld an den vorherigen Inhaber des Anspruchs auf Arbeitsentgelt (Arbeitnehmer) gezahlt hat, sie von der Verpfändung nichts wusste und die Zahlung mit befreiender Wirkung eingetreten ist. In diesen Fällen bleibt das Pfandrecht bestehen und der Gläubiger kann gegen sonstige Schuldner des Arbeitnehmers vorgehen.

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