Rz. 67
Während in Insolvenzverfahren über das Vermögen einer (lebenden) natürlichen oder juristischen Person bzw. einer rechtsfähigen Personengesellschaft in der Regel eindeutig ist, wer der Schuldner des Insolvenzverfahrens ist (vgl. §§ 1, 11 InsO), stellt sich im Nachlassinsolvenzverfahren die Frage, ob der Erbe oder der Nachlass als Schuldner anzusehen ist. In den §§ 315 ff. BGB finden sich beide Begriffe. § 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO bestimmt, dass über das Sondervermögen "Nachlass" ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann. Da der Nachlass als solcher jedoch nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann, ist Schuldner im Nachlassinsolvenzverfahren nach herrschender Ansicht der Erbe.
Rz. 68
Demgemäß ist auch eine Erbengemeinschaft als solche nicht insolvenzfähig; Schuldner in der Nachlassinsolvenz sind die einzelnen Miterben. § 2038 BGB, wonach die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zusteht, ist zu beachten. Nach Maßgabe des § 317 Abs. 1 und 2 InsO ist jedoch auch der einzelne Miterbe zur Stellung eines Insolvenzantrags berechtigt.
Rz. 69
Hinsichtlich der Vorgänge bis zum Eintritt des Erbfalls, also insbesondere bezüglich Handlungen, die Anfechtungsansprüche nach §§ 129 ff. InsO auslösen, ist auf den Erblasser abzustellen. Der Nachlass stellt lediglich das zu verwertende Vermögen und somit die Haftungsmasse dar.
Rz. 70
Weitere Beteiligte auf Schuldnerseite sind etwaige Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter. Diese werden jedoch nicht selbst Schuldner im Nachlassinsolvenzverfahren, sondern es verbleibt bei der Schuldnerstellung des oder der Erben. Eine Ausnahme bildet der Erbschaftskäufer, der nach § 330 InsO für das Insolvenzverfahren an die Stelle des Erben tritt.
Rz. 71
Eine angeordnete Nachlasspflegschaft oder Testamentsvollstreckung bleibt auch nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens bestehen. Die Verfügungsbefugnis über den Nachlass geht jedoch gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über.
Rz. 72
Sofern im Laufe des Insolvenzverfahrens absehbar wird, dass für die Aufrechterhaltung der Nachlasspflegschaft kein Bedürfnis mehr besteht, weil z.B. kein Übererlös für die unbekannten Erben verbleiben wird und deshalb keine Erben ermittelt werden müssen, kann die Nachlasspflegschaft aufgehoben werden. Dadurch wird die Masse nicht weiter mit den fortlaufenden Kosten der Nachlasspflegschaft belastet. Zuweilen lassen Nachlassgerichte jedoch die Nachlasspflegschaft bestehen, damit der Pfleger die Rechte der unbekannten Erben im Nachlassinsolvenzverfahren wahrnimmt. Zudem besteht auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Fürsorgebedürfnis, wenn insolvenzfreies Vermögen vorhanden ist oder der Insolvenzverwalter Gegenstände aus der Masse freigegeben hat. In diesem Fall muss der Nachlasspfleger die freigegenebenen Gegenstände in Empfang nehmen, um diese für die unbekannten Erben zu sichern und zu verwalten.