Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 54
Ungeachtet des Grundsatzes der gemeinschaftlichen Verwaltung kann der Miterbe gem. § 2039 S. 2 BGB auch alleine Nachlassforderungen beitreiben. Die Leistung muss jedoch für alle Miterben durch Hinterlegung erfolgen.
Da unter § 2039 BGB Nachlassforderungen aller Art fallen, kann selbstverständlich auch ein Informationsanspruch der Erbengemeinschaft auf diesem Wege geltend gemacht werden. Ein Alleingang ist vor allem angezeigt, wenn – was häufig vorkommt – ein Miterbe Bevollmächtigter war oder die Miterben kein Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts haben.
Rz. 55
Die Erfüllung des Informationsanspruchs an alle kann in der Praxis so erfolgen, dass der Anspruchsteller gegenüber dem Auskunftsverpflichteten erklärt, dass er den Miterben die Informationen zur Verfügung stellen werde. Dies ist der einfachste, aber juristisch zweifelhafteste Weg, den man nur bei einem unbedarften Gegenüber gehen sollte.
Rz. 56
Soweit Banken Auskünfte erteilen, gehen sie in der Praxis dazu über, die Informationen in mehrfacher Ausfertigung jedem Miterben zuzustellen. Probleme gibt es dann, wenn ein Miterbe unbekannt ist. Hier stellt sich die Frage, ob es seitens der Bank rechtsmissbräuchlich wäre, wegen Unmöglichkeit der Zustellung an einen Miterben die Auskunft im Ganzen zu verweigern. Hier wird als Alternative vorgeschlagen, dass die Bank die Informationen beim Amtsgericht hinterlegt.
Rz. 57
Hinweis
Wer als Miterbe gegenüber der Bank Auskunftsrechte geltend macht, muss wissen, dass durch die simultane Information bei den Miterben Aufklärungsbedarf entstehen kann. Steht ein Miterbe im Verdacht, unbefugte Verfügungen vorgenommen zu haben, ist dieser spätestens mit Übersendung der Bankunterlagen gewarnt, dass man ihm "auf der Spur ist". Er sollte dann auch zügig zur Auskunft und Rechenschaft aufgefordert werden.
Rz. 58
Es kann vorkommen, dass eine Bank Auskünfte mit Hinweis auf das Bankgeheimnis, von dem die Erben die Bank nur gemeinschaftlich entbinden könnten, verweigert.
Wer dieser Auffassung folgt, muss bei den Miterben zuerst eine Entbindung vom Bankgeheimnis anfordern bzw. notfalls einklagen. So wird vorgeschlagen, dass die Bank sich aus Streitereien unter den Miterben heraushalten sollte, indem sie die Unterlagen beim Amtsgericht hinterlegt.
Obwohl die Ansicht nicht sehr überzeugt und in der Konsequenz auf eine zeit- und kostenintensive Förmelei hinausläuft, an deren Ende dann doch die Erteilung der Auskunft stehen muss, kann man übereifrigen Miterben unter Berufung auf das Bankgeheimnis ohne großen Aufwand Steine in den Weg legen. Vielleicht trifft man auch auf ein Amtsgericht, das die Herausgabe von hinterlegten Bankunterlagen verweigert, weil sich daraus auch Erkenntnisse über das Privatleben des Erblassers gewinnen lassen.
Rz. 59
Näher an der Lebenswirklichkeit dürfte ein Urteil des Amtsgerichts Goslar sein, das der Idee, mit dem Bankgeheimnis Auskunftsansprüche zu verzögern, eine klare Absage erteilt. In den Gründen heißt es:
Zitat
"Dem Auskunftsanspruch steht auch das "Bankgeheimnis" nicht entgegen. Die Verschwiegenheitspflicht der Beklagten besteht, da es sich um eine Erbengemeinschaft handelt, nicht gegenüber jedem einzelnen Miterben gesondert, sondern vielmehr gegenüber der Erbengemeinschaft in ihrer Gesamtheit. Da der Kläger auf Auskunftserteilung an alle Miterben klagt, ist es der Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, einer der Miterben sei an einer Auskunft nicht interessiert. Anderenfalls würde die Norm des § 2039 BGB ins Leere gehen. Diese soll es gerade ermöglichen, dass jeder Miterbe die der Erbengemeinschaft durch Nachlässigkeit einzelner Miterben drohenden Nachteile durch Klageerhebung etc. abwenden kann, ohne selbst einen unberechtigten Sachvorteil zu erlangen. Anderenfalls könnte die Weigerung eines Miterben die Durchsetzung jeglicher Ansprüche verhindern. Gerade dies will § 2039 BGB verhindern."
Rz. 60
Die obergerichtliche Rechtsprechung, die noch keinen Fall dazu entscheiden musste, tendiert auch nicht unbedingt dazu, das Bankgeheimnis unter streitenden Miterben zu hoch zu hängen. Der BGH hat bei der Prüfung der Kollision des Auskunftsinteresses mit dem Bankgeheimnis zweimal zugunsten des Auskunftsinteresses entschieden:
Zum einen wurde der Besitzerin eines Sparbuchs, die das Erblassersparguthaben für sich beanspruchte, ein Auskunftsanspruch zugestanden, obwohl keine Erben feststanden. Zum anderen hat der BGH im Falle einer lebzeitigen Zuwendung entschieden, dass die Bank diese offenbaren müsse, auch wenn die Miterben hierzu kein Einverständnis erteilt haben.
Im vergleichbaren Fall einer Miteigentümergemeinschaft an einem Grundstück, die gem. § 432 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch nur Auskunft des Verwalters an alle Miteigentümer verlangen kann, hat der BGH ebenfalls eine Ausnahme gemacht, wenn ein schutzwürdiges und berechtigtes Individualinteresse an der Rechnungslegung besteht.
Rz. 61
Hinweis
Wer einen auskunftsinteressierten Miterben vertritt, sollte nicht in vorauseil...