Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 168
Der Bevollmächtigte hat verschiedene Möglichkeiten, auf ein Auskunftsverlangen zu reagieren. In den meisten Fällen wird das Auskunftsverlangen anerkannt und dann nach bestem Wissen und Können – was sehr relative Begriffe sein können – erfüllt.
Es gibt aber auch Bevollmächtigte, die Gründe haben, eine Auskunft über ihr Handeln zu verweigern. Soweit es sich dabei um rechtlich erhebliche Gründe handelt, werden diese nun dargestellt.
I. Fehlende Rechtsgrundlage
Rz. 169
Ein häufiger Einwand gegen eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ist die Auffassung, es gebe hierfür keine Rechtsgrundlage. Dass dem meist nicht so ist, ergibt sich aus den Ausführungen zu Beginn dieses Kapitels (siehe Rdn 6 ff.), wonach regelmäßig ein Auftragsverhältnis anzunehmen ist.
II. Erfüllung
Rz. 170
Der Bevollmächtigte wird sich oft darauf berufen, dass er die Auskunftspflichten bereits erfüllt hat. Für diesen Umstand ist er allerdings voll beweispflichtig.
Die Einrede der Erfüllung wird oft durch Vorlage einer Ausgleichsquittung des verstorbenen Vollmachtgebers bekräftigt. Als Rechtsanwalt der Erben des Vollmachtgebers hat man in dieser Situation zwei Möglichkeiten: Entweder man akzeptiert die Ausgleichsquittung, weil es vielleicht tatsächlich keinen Grund zur Beanstandung gab und die Mandanten es akzeptieren – oder man sucht nach Angriffspunkten. Ist zu vermuten, dass es sich um eine erschlichene Ausgleichsquittung handelt, bieten sich nachfolgende Prüfschritte an.
Rz. 171
Zunächst ist zu fragen, ob wirklich eine Rechnungslegung entgegengenommen wurde. Die Formulierung: "Mein Vertreter hat mir die Kontoauszüge und Rechnungen gezeigt, ich bin damit einverstanden und verzichte auf weitere Auskünfte", ist nicht automatisch als Erfüllung anzusehen, vielmehr ist dies eine Verzichtserklärung, die bei vermutetem Fehlverhalten nicht greift (siehe Rdn 177 f.). Sodann ist die Echtheit der Unterschrift zu prüfen. Wenngleich gefälschte Urkunden im Zivilprozess sehr selten und die Kosten eines graphologischen Gutachtens hoch sind, wird das Bestreiten der Echtheit die Verhandlungsposition nicht verschlechtern. Wenn die Unterschrift zweifellos echt ist, bleibt nur noch der Einwand der mangelnden Geschäftsfähigkeit, für die eine krakelige Unterschrift ein Indiz sein kann – aber nicht sein muss. Gleichwohl tragen die Erben auch hierfür die volle Beweislast.
III. Vertraglicher Ausschluss der Auskunftspflicht
Rz. 172
Auskünfte können dann nicht verlangt werden, wenn dies zwischen Bevollmächtigtem und Vollmachtgeber so vereinbart war oder der Vollmachtgeber einseitig auf sein Recht verzichtet hat. § 666 BGB ist grundsätzlich dispositiv.
Ob dem Vollmachtgeber ein solcher Verzicht "untergejubelt" wurde oder es ihm darum ging, vor der Nachwelt seinen persönlichen und wirtschaftlichen Lebenswandel zu verbergen, ist oft nicht mehr zu ermitteln.
Bei diesem gegenüber den Erben des Vollmachtgebers häufig erhobenen Einwand ist immer zu differenzieren.
1. Ausdrückliche Vereinbarung
Rz. 173
Beruft sich der Bevollmächtigte auf eine schriftliche Vereinbarung mit dem Vollmachtgeber, ist diese genau zu prüfen.
Handelt es sich um eine formularmäßig verwendete Klausel, wonach auf die Rechnungslegung verzichtet wird, kann diese wegen unangemessener Benachteiligung des Vollmachtgebers gem. § 307 BGB unwirksam sein.
Rz. 174
Für die Annahme einer vorformulierten Vertragsbedingung ist übrigens nicht erforderlich, dass ausgedruckte Formulare verwendet wurden. Es reicht schon aus, wenn ein in der EDV gespeicherter Text für eine mehrfache Verwendung vorgesehen ist. Bei notariellen Vorsorgevollmachten, die in den seltensten Fällen individuell ausgehandelt werden, ist dies relativ leicht nachzuweisen.
Rz. 175
Der Rechtsanwalt, der Anhaltspunkte dafür hat, dass dem Vollmachtgeber beim Notar eine Verzichtsklausel "untergeschoben" wurde, muss allerdings auch wissen, dass es noch keine eindeutige Rechtsprechung zu diesem speziellen Fall gibt.
Entschieden hat die Rechtsprechung aber schon den Fall einer sehr individuell formulierten Befreiung von Auskunftspflichten, die der wohlhabende Erblasser so niederlegte:
Zitat
"Die Vollmacht umfasst auch die Aufgaben und gesellschaftlichen Verpflichtungen meiner privaten Repräsentation (…) über den geschäftlichen Bereich hinaus, so dass insoweit die Wahrnehmung durch Frau P vorrangig ist. Die Bevollmächtigte ist außer mir höchstpersönlich niemanden gegenüber Rechenschaft schuldig, und zwar gilt dies für Handlungen in meinem Namen und meinem Auftrag, für ihre eigenen freiwilligen Leistungen und meine eigenen Aufwendungen (…) und Geschenke, gleic...