Dieter Trimborn van Landenberg
A. Allgemeines
Rz. 1
Es ist die herausfordernde Aufgabe des Rechtsanwalts, den Sachverhalt zu ermitteln, auf dessen Grundlage Ansprüche geprüft werden sollen. Dies gilt besonders bei einem vermuteten Vollmachtsmissbrauch, weil Unterlagen nicht oder nur sehr bruchstückhaft vorhanden sind. Gerade Erben ohne besondere Nähe zum Erblasser haben hier regelmäßig ein großes Problem.
Informationen, die notfalls auch vor Gericht Bestand haben, werden den Gläubigern in den seltensten Fällen frei Haus geliefert, so dass man mit detektivischem Gespür Auskünften aus verschiedenen Quellen nachgehen muss. Gerade "verdächtige" Bevollmächtigte sind nicht geneigt, sich über Verfügungen so zu erklären, dass sich daraus ein klares Bild von ihrem Handeln ergibt.
Tipp zur Vorbeugung
Eine Regelung des Innenverhältnisses zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem ist wertlos, wenn es nach dem Tod des Vollmachtgebers unauffindbar ist. Ein Bevollmächtigter hat typischerweise jederzeit Zugang zur Wohnung und zu den Unterlagen des Vollmachtgebers und ist also auch in der Lage, das Original der Vereinbarung, das seinem Handeln Grenzen setzt, verschwinden zu lassen. Daher sollten vorsichtige Vollmachtgeber zumindest eine beglaubigte Kopie bei einer dritten Person/Stelle hinterlegt haben.
Rz. 2
Neben tatsächlichen Schwierigkeiten ist auch die Rechtslage alles andere als übersichtlich, zumal das Auskunfts- und Informationsrecht im Zivilrecht nicht sehr systematisch geregelt ist, ein allgemeines Auskunftsrecht besteht nicht.
Im Folgenden werden neben den rechtlichen auch die tatsächlichen Möglichkeiten der Informationsgewinnung aufgezeigt, wobei der Inanspruchnahme des Bevollmächtigten zentrale Bedeutung zukommt. Andererseits sollen auch Verteidigungsstrategien gegen unberechtigt erhobene Auskunftsansprüche aufgezeigt werden.
Rz. 3
Die Chancen, mit eingeforderten Informationsrechten Zahlungs- bzw. Herausgabeansprüche zu realisieren, werden oft überschätzt. Umso wichtiger ist es für den Rechtsanwalt, hier genau zu arbeiten, dem Mandanten aber gleichzeitig klarzumachen, dass sich möglicherweise nicht jede Unregelmäßigkeit aufklären lässt.
B. Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem
Rz. 4
Das Abstraktionsprinzip gebietet eine Trennung zwischen der Vertretungsmacht auf der einen und dem notwendigerweise zwischen Vertreter und Vertretenem bestehenden Rechtsverhältnis auf der anderen Seite.
Während die Vertretungsmacht nach außen das "Können" bestimmt, regelt das Innenverhältnis das "Dürfen". Letzteres ist in den wenigsten Fällen ausdrücklich zwischen den Parteien geregelt, so dass im Falle einer späteren Überprüfung des Vertreterhandelns zunächst die Frage zu beantworten ist, worauf der Vertretene bzw. dessen Erbe sein Informationsinteresse stützen kann.
Rz. 5
Wo es an schriftlich Niedergelegtem fehlt, werden typischerweise von äußeren Umständen und dem Handeln der Parteien Rückschlüsse auf das Innenverhältnis gezogen. Dies kann je nach Perspektive zu unterschiedlichen Bewertungen führen. Umso genauer muss der Rechtsanwalt nicht nur den Sachverhalt erfassen, sondern auch die rechtlichen Kriterien kennen, die das jeweilige Innenverhältnis charakterisieren.
I. Auftragsverhältnis
Rz. 6
Der häufigste Fall eines der Bevollmächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses ist der Auftrag gem. § 662 BGB, wonach sich der Auftragnehmer durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet, ein ihm vom Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
Zentrale Rechtsfolge des Auftrags ist neben der hier interessierenden Pflicht zur Auskunft und Rechenschaft gem. § 666 BGB die Pflicht zur Herausgabe des aus der Ausführung des Auftrags Erlangten gem. § 667 BGB.
1. Zustandekommen des Auftragsverhältnisses
Rz. 7
Voraussetzung für die Annahme eines Auftrags ist aber ein Vertragsschluss, der notfalls bewiesen werden muss. Da Auftragsverhältnisse meist von einer persönlichen Nähe der Parteien geprägt sind und aufgrund der Vertrauensstellung, die der Bevollmächtigte zumindest beim Vertretenen hatte, sind schriftliche Auftragsverträge eine Seltenheit. Auch in den gängigen Formularsammlungen findet sich kaum ein Vorschlag, wie das Innenverhältnis geregelt sein soll.
Also behilft sich die Rechtspraxis mit der Annahme eines konkludent geschlossenen Vertrages. Als Rechtsanwalt des Vertretenen bzw. dessen Erben wäre es nun voreilig, aus Gründen der Bequemlichkeit einfach einen konkludenten Vertrag anzunehmen, nur weil man nichts schriftlich hat und man den Vertreter irgendwie zur Verantwortung ziehen möchte.
Rz. 8
Nach objektiven Merkmalen ist das Auftragsverhältnis leicht abzuleiten: Das Vertragsangebot ist regelmäßig in de...