Ivana Bugarin, Michael Brunner
I. Allgemeines
Rz. 1
Alle haben Sie schon Einkäufe für die Kanzlei getätigt (Kauf von Briefmarken, Kaffee, Putzmitteln oder dergleichen). Meistens sind das Arbeiten, die während der Ausbildungszeit (gelegentlich) erledigt werden mussten. Regelmäßig werden die mahnenden Worte "Vergessen Sie nicht, sich die Rechnung geben zu lassen. Das ist ganz wichtig" mit auf den Weg gegeben. Hat man die Rechnung dann doch vergessen, muss man wieder zu dem Geschäft zurückgehen und sich die Rechnung von dem Verkäufer aushändigen lassen. Ohne Rechnung für einen getätigten Büroeinkauf, sei es auch nur ein minimaler Betrag, läuft nun mal nichts.
Sicherlich haben Sie auch Quittungen an Mandanten ausgestellt, wenn diese Bargeld eingezahlt haben und Vergütungsberechnungen schreiben Sie auch – und wenn Sie sie nicht schreiben, dann haben Sie sicherlich eine Vergütungsrechnung gesehen. Bestellen Sie Bürobedarf für die Kanzlei, erhalten Sie eine Rechnung von dem Verkäufer. Es gibt unzählige Geschäfte des täglichen Kanzleialltags, die mit Rechnungslegungen verknüpft sind.
Sie stellen fest, alles was mit Geldein- und -ausgang zu tun hat, läuft über eine Rechnung, die für die Buchführung benötigt wird.
In diesem Kapitel werden die Buchführungs- bzw. Aufbewahrungspflichten des RA sowie das Rechnungswesen behandelt – denn, wie eingangs erwähnt: Ohne Rechnung läuft nichts – und andernfalls falsch.
II. Grundsätze der Buchführung
Rz. 2
Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht ist gesetzlich geregelt. Zu unterscheiden sind dabei die handelsrechtliche und die steuerrechtliche Verpflichtung zur Buchführung.
1. Handelsrechtliche Buchführungspflicht
Rz. 3
Aus § 238 HGB (Handelsgesetzbuch), ergibt sich die Buchführungspflicht für Kaufleute. Alle Geschäftsvorfälle müssen in ihrer Entstehung und Abwicklung nachvollziehbar sein. § 1 HGB definiert die Kaufmannseigenschaft. Danach ist Kaufmann derjenige, der ein Handelsgewerbe betreibt. Gem. § 2 HGB sind Gewerbetreibende diejenigen, die im Handelsregister eingetragen sind. Gem. § 6 HGB finden für sie die für Kaufleute geltenden Vorschriften Anwendung.
Rz. 4
Jetzt stellt sich die Frage, ob der RA ein Kaufmann i.S.d. Vorschriften des HGB ist. Dazu müsste er ein Handelsgewerbe betreiben. In § 1 BORA ist definiert, dass der RA einen freien Beruf ausübt. Wenn wir jetzt an den Einzelanwalt als Freiberufler denken, können wir also die Frage nach der Kaufmannseigenschaft mit einen klaren "Nein" beantworten.
Auf eine RA-Kanzlei können dennoch die Vorschriften des HGB für Kaufleute Anwendung finden, nämlich dann, wenn es sich z.B. um eine RA GmbH handelt. Die GmbH entsteht durch Eintragung in das Handelsregister (§ 11 Abs. 1 GmbH). Mit Eintragung in das Handelsregister gem. § 2 HGB ist die RA GmbH Gewerbetreibender i.S.d. HGB.
In diesem Paragrafen werden jedoch die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des RA als Freiberufler, der nicht zu dem im HGB genannten Kreis gehört, behandelt.
2. Steuerrechtliche Buchführungspflicht
Rz. 5
Nach dem unter Rdn 3 ff. geschilderten, ist der RA als Freiberufler handelsrechtlich nicht zur Buchführung verpflichtet. Er könnte ggf. aus steuerrechtlicher Hinsicht dazu verpflichtet sein.
Rz. 6
Die steuerrechtliche Buchhaltungspflicht ergibt sich aus den §§ 140 und 141 AO (Abgabenordnung). Diese Vorschriften betreffen jedoch nur Kaufleute oder Land- und Forstwirtschaftsbetriebe. Dazu zählt der RA als Freiberufler nicht.
III. Pflicht zur einfachen Buchführung/Aufzeichnungspflichten
Rz. 7
Der RA, ob als Einzelanwalt tätig oder in Zusammenschluss einer Sozietät in Form der GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), hat die Freiberuflereigenschaft.
Rz. 8
Wer ein Freiberufler ist, ergibt sich auch aus der Regelung des § 18 EStG (Einkommensteuergesetz). Der Freiberufler hat im Gegenteil zu dem Gewerbetreibenden einige Vorteile. Er ist nicht verpflichtet, ein Gewerbe anzumelden, doppelte Buchführung zu betreiben und die USt ist erst dann abzuführen, wenn der Zahlungseingang erfolgt.
Rz. 9
Der RA als Freiberufler hat eine Aufzeichnungspflicht. Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG (Umsatzsteuergesetz) ist der RA Unternehmer im steuerrechtlichen Sinne. Gem. § 4 Abs. 3 EStG hat der RA die Pflicht zur einfachen Buchführung. Die wichtigsten Aufzeichnungspflichten sind in § 22 UStG geregelt.
Rz. 10
Gem. § 22 Abs. 1 UStG muss der RA zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen führen. Somit müssen die Einnahmen des RA zum einen i.H.d. Nettoeinnahme ersichtlich sein und zum anderen i.H.d. angefallenen USt. Die Nettoausgaben müssen ersichtlich sein sowie die Höhe der Vorsteuer.
Beispiel für USt und Vorsteuer:
Unternehmer A verkauft an Unternehmer B Waren im Wert von 119,00 EUR. Die in der Rechnung des Unternehmers A enthaltene Steuer i.H.v. 19,00 EUR stellt für A die USt dar.
Für den Unternehmer B stellt diese Steuer die Vorsteuer dar. Erhält B von A die Rechnung und bezahlt er diese, kann er bei dem zuständigen FA diese Steuer als Vorsteuer beanspruchen.
Vorsteuer und USt sind ein und dieselbe Steuerart. Es kommt darauf an, ob die Steuer eingenommen (wie Unternehmer A) oder ausgegeben (wie Unternehmer B) wird.
IV. Ordnungsgemäße Buchführung
Rz. 11
Der Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchfüh...