aa) § 138 BGB
Rz. 135
Eine weitere Grenze des Schenkungsversprechens liegt vor, wenn ausnahmsweise eine Unwirksamkeit der Zuwendung wegen Sittenwidrigkeit gegeben ist (§ 138 BGB). Diese Fälle bilden jedoch die Ausnahme.
In der Literatur wird angedacht, die Schenkungen oder Vermögensübergaben, die im Rahmen einer zuvor festgelegten Betreuungsverfügung angeordnet wurden, dann als nichtig anzusehen, wenn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Nichtigkeit des nachehelichen Unterhaltsverzichtes bei erkennbarer Sozialhilfebedürftigkeit angewendet werden können. Folgt man dieser Meinung, wäre ein Schenkungsvertrag als Vertrag zu Lasten Dritter (gegenüber dem Sozialhilfeträger) unwirksam, wenn die Vertragsparteien voraussehen konnten, dass der Übergebende aufgrund der Schenkung künftig auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Hierbei sind jedoch immer eine Einzelfallbetrachtung und Prognose notwendig, die unter Umständen schwierig ist. Allerdings wäre durch die Anwendung dieser Grundsätze das Nachrangprinzip des § 2 SGB XII verwirklicht.
Rz. 136
Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu hat sich, soweit ersichtlich, noch nicht ausgebildet. Die analoge Übertragung der sozial- und unterhaltsrechtlichen Rechtsprechungskriterien erscheint jedoch durchaus möglich angesichts der herausragenden Stellung und Bedeutung des sozialhilferechtlichen Subsidiaritätsprinzips.
Zwar hat der BGH ausgeurteilt, dass bei einer Lebensversicherung auf den Tod eines anderen die Änderung der Bezugsberechtigung im Todesfall analog § 159 Abs. 2 S. 1 VVG die schriftliche Einwilligung der versicherten Person erfordert und analog § 159 Abs. 2 S. 2 VVG der für den Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge" bestellte Betreuer der versicherten Person diese bei Erteilung der Einwilligung nicht vertreten kann, sofern die Bezugsberechtigung zu seinen eigenen Gunsten geändert werden soll; letztlich war in diesem Fall der Aufgabenkreis nicht geeignet, die Einwilligung zu erteilen, so dass der Kernbereich des Schenkungsverbotes hier ebenfalls nicht entschieden wurde.
bb) § 14 Abs. 1 HeimG
Rz. 137
Oftmals befindet sich der Betreute in einem Heim und möchte dem dortigen Personal oder dem Heimträger etwas zukommen lassen. Das gesetzliche Verbot des § 14 Abs. 1 HeimG, der inzwischen durch die Landesheimgesetze konkretisiert wurde, verbietet jedoch, dem Heimträger, Heimleiter oder Heimpersonal etwas wirksam zu schenken. Die Vorschrift wird analog aufgrund des Schutzzwecks der Norm erheblich ausgedehnt. Das Verbot des § 14 HeimG soll auch bei Zuwendungen an Verwandte des Verbotsadressaten Anwendung finden, beispielsweise wenn die Tochter eines Heimmitarbeiters vom Betroffenen als Heimbewohner Zuwendungen erhält. Nach der Tendenz der Rechtsprechung ist zur Vermeidung von Umgehungstatbeständen des § 14 HeimG davon auszugehen, dass Zuwendungen, welche der Betreute an Heimpersonal, deren Angehörige oder den Heimträger selbst vornimmt, unwirksam bleiben werden.
Die Rechtsprechung hat bereits entschieden, dass die Erbeinsetzung der Kinder des Heimleiters zu Nacherben, die Ersatzerbeinsetzung der Ehefrau eines geschäftsführenden Alleingesellschafters einer Pflegeheim-GmbH, ja sogar die Erbeinsetzung der Ehefrau des Pförtners zur Miterbin als unwirksam wegen Umgehung des Schutzzwecks der Norm angesehen wurden.
Rz. 138
Hingegen wird nach allgemeiner Ansicht die analoge Anwendung des § 14 HeimG auf Schenkungen des Betroffenen an den Betreuer verneint. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen soll die Vorschrift solche Zuwendungen ergreifen, nämlich dann, wenn der Betreuer seine Vertrauensstellung missbraucht und den leicht beeinflussbaren Betroffenen gezielt anhält, ihm Vermögenswerte (notariell) zu übertragen. Solcher Art "erschlichene" Zuwendungen tragen den Makel der Sittenwidrigkeit, was zur Nichtigkeit der Zuwendung führt. Insbesondere dann, wenn der Betreuer einen testierunfähigen Betreuten dazu veranlasst, ihn durch letztwillige Verfügung oder einen Dritten testamentarisch einzusetzen, kann dies strafrechtlich eine Untreue hergeben, was ebenfalls zur Nichtigkeit der Verfügung führen kann. Ein gesetzliches Testierverbot zugunsten von Betreuern gab es zunächst nicht, dennoch konnte die Erbeinsetzung des Berufsbetreuers sittenwidrig sein. Dasselbe gilt, wenn der Betreuer ohne Wissen und Wollen des testierunfähigen Betreuten einen Notar mit der Beurkundung eines Testaments beauftragt und dem Notar gegenüber falsche Angaben über den Testamentsinhalt macht.
Durch die Neuregelung des BtOG ergibt sich zum 1.1.2023 auch eine neue Rechtsfolge für die Wirksamkeit eines zugunsten eines Berufsbetreuers errichteten Testaments: Die nach § 30 Abs. 1 S. 1, 2 BtOG untersagte Annahme einer Zuwendung von Todes wegen durch einen Berufsbetreuer stellt nur noch einen Verstoß gegen seine Berufspflichten dar, nicht jedoch gegen das gesetzliche Verbot nach § 134 BGB. Demnach bleiben die letztwillige Verfügung des Erbl...