Rz. 3
Durch die Anordnung der Betreuung allein wird die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen noch nicht berührt. Er kann daher weiterhin selbstständig Verträge schließen. Dazu gehört auch, dass er jederzeit Vollmachten erteilen kann, sofern die Geschäftsfähigkeit noch besteht. Laut § 104 Abs. 2 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Der Ausschluss der freien Willensbildung liegt vor, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Willen unbeeinflusst und frei von der vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach von ihm selbst zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Entscheidend ist, ob der Betroffene noch eine freie Entscheidung treffen kann, welche durch eine Abwägung des Für und Wider, eine sachliche Prüfung aller in Betracht kommender Aspekte und ein dementsprechendes Handeln möglich ist, vor allem, ob der Betroffene infolge der krankhaften Geistesstörung fremden Willenseinflüssen unterliegt oder sein Wille durch unkontrollierte Triebe und Vorstellungen beherrscht wird. Eine bloße Willensschwäche oder leichte Beeinflussbarkeit genügen nicht, um eine Geschäftsunfähigkeit positiv zu bejahen. Selbst wenn der Betroffene länger an einer geistigen Störung leidet, vermutet das Gesetz nicht den Ausschluss seiner freien Willensbestimmung. Nur wenn die Geschäftsunfähigkeit feststeht, sei diese auch nur auf partielle Rechtsbereiche beschränkt, kann der Betroffene in diesen Teilbereichen nicht mehr handeln. Der Grundsatz der Selbstbestimmung, der auch im Betreuungsrecht gilt, soll dem Betroffenen hingegen soweit als möglich eigene, selbstständige Handlungen ermöglichen.
Solche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten wollte der Gesetzgeber dem Betroffenen gerade belassen. Um den Betreuten jedoch auch zu schützen, sind Sicherungen notwendig. Diese liegen in gerichtlichen Genehmigungserfordernissen für verschiedene Tätigkeiten.
Praxistipp
Der Betreuer sollte daher bei zweifelhaften Rechtsgeschäften, welche der Betreute selbst noch vornimmt, mit dem Betreuungsgericht Kontakt aufnehmen.
Rz. 4
Dies wird offenbar und umso dringlicher, wenn der bereits unter Betreuung Stehende noch General- oder sonstige Vollmachten erteilt. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sind solche Vollmachten zunächst wirksam. Hier erwächst jedoch ein Spielraum für das Gericht, um einen Kontrollbetreuer (siehe Rdn 35) zur Überwachung der Ausübung dieser Vollmachten einzusetzen.
Unter Umständen wird durch die Erteilung der Vollmacht die Betreuerbestellung selbst hinfällig. Gerade dann ist, um den Betreuten vor Missbrauch der Vollmacht zu schützen, die Anordnung eines Überwachungsbetreuers angezeigt. Nach neuerer Rechtsprechung ist nun, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vorsorgebevollmächtigte die Vorsorgevollmacht missbraucht, trotz der Vorsorgevollmacht die Bestellung eines Betreuers erforderlich. Ist ein Vorsorgebevollmächtigter vorhanden, ist er hingegen nicht befugt, in eigenem Namen gegen einen die Einrichtung einer Betreuung ablehnenden Beschluss Beschwerde einzulegen.