Rz. 137

Kosten für Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses sowie Kosten zur Erlangung des Erwerbs sind nur zu erfassen, wenn der gesamte tatsächliche Erwerbsaufwand zusammen den Pauschbetrag i.H.v. 10.300 EUR (siehe Rdn 145 ff.>) übersteigt.

 

Rz. 138

Der Begriff der Kosten der Nachlassregelung ist weit auszulegen.[107] In Betracht kommen Kosten der Todeserklärung, der Testamentseröffnung, der Erteilung des Erbscheins, der Erbauseinandersetzung und Vermächtniserfüllung, Kosten des Testamentsvollstreckers, soweit sie sich auf die Nachlassregelung beziehen, Steuerberatungskosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung, Kosten für ein Gutachten zur Ermittlung des gemeinen Werts von Grundbesitz i.S.d. § 198 BewG (siehe § 8 Rdn 97 ff.>) und Kosten für Grundbuchänderungen. Hierunter fallen nach dem BFH[108] auch Steuerberatungskosten des Erben – unabhängig von der Einkunftsart i.S.d § 2 EStG – für die Nacherklärung von Steuern, die der Erblasser hinterzogen hat, und grundsätzlich Kosten für die Haushaltsauflösung und Räumung der Erblasserwohnung.

 

Rz. 139

Erwerbskosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG sind etwa Beratungskosten im Hinblick auf die Erlangung und Sicherung des Erwerbs, Kosten eines Rechtsstreits zur Erlangung des Nachlasses oder zur Durchsetzung einer Nachlassforderung sowie Kosten der Erbenermittlung.

 

Rz. 140

Auch vergebliche Prozesskosten können nach dem BFH[109] nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG bei der Erbschaftsteuer abgezogen werden, insbesondere Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat. § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG steht – wenn auf Herausgebe vermeintlicher (auch steuerbefreiter) Nachlassgegenstände (diese unterliegen nicht der Besteuerung) erfolglos geklagt wird – dem Abzug nicht entgegen.

 

Rz. 141

Ebenfalls als Kosten zur Erlangung des Erwerbs zu erfassen sind Abfindungen, die gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG beim Empfänger steuerpflichtig sind, mithin für den Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs (siehe Rdn 23 ff.>) oder für die Ausschlagung (siehe Rdn 67 ff.>) einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses.

Auch eine Zahlung, die ein vom Vorerben Beschenkter zur Abwendung eines Herausgabeanspruches wegen beeinträchtigender Schenkung i.S.d. § 2287 BGB[110] leistet, wird zur Erlangung (bzw. Erhaltung) des Erwerbs geleistet und kann damit als Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG von der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden.[111]

 

Rz. 142

Erwerbsnebenkosten eines Erwerbers, die sich allein auf die Erlangung seines Erwerbs beziehen und nicht den Nachlass belasten (z.B. Rechtsstreit- und Beratungskosten), sind neben dem Pauschbetrag (siehe Rdn 145 ff.>) abzugsfähig.[112]

[107] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 10 Rn 57.
[110] § 2287 BGB regelt an sich (nur) einen Vertragserben beeinträchtigende Schenkungen, ist aber auf letztwillige wechselbezügliche Ehegattenverfügungen entsprechend anzuwenden.
[111] FG Münster v. 14.2.2019 – 3 K 1237/17 Erb, EFG 2019, 703 – 733, Revision zum BFH – II R 24/19.
[112] R E 10.9 Abs. 5 ErbStR 2019.

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