I. Zivilrecht
Rz. 74
Zivilrechtlich entsteht die Forderung des Vermächtnisnehmers mit dem Erbfall, § 2176 BGB. Die Erbschaftsteuerpflicht entsteht gem. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch mit dem Tod des Erblassers. Für die Erbschaftbesteuerung beim Vermächtnisnehmer ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob bzw. inwieweit der Anspruch erfüllt wird. Allerdings ist von einer Erbschaftbesteuerung aus Billigkeitsgründen abzusehen, wenn die Steuer den tatsächlich erhaltenen bzw. erhaltbaren Wert übersteigt.
II. Verzicht
Rz. 75
Hat der Begünstigte das Vermächtnis angenommen (die Erbschaftsteuer entsteht unabhängig von der tatsächlichen Erfüllung, siehe § 9 Rdn 3>), löst ein anschließender Verzicht dennoch die Erbschaftbesteuerung aus. Dabei ist auch zu beachten, dass der Verzicht beim Beschwerten (in der Regel beim Erben) einen schenkungsteuerpflichtigen Erwerb gem. § 7 Abs. 1 ErbStG auslöst.
Erhält der Vermächtnisnehmer nach der Annahme des Vermächtnisses eine Abfindung hierfür, gilt diese gem. § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG als vom Erblasser zugewendet. Bei der Behandlung der Abfindung beim Erben und Vermächtnisnehmer und bezüglich der Einkommensteuer gilt das zur Ausschlagung gesagte (siehe Rdn 70> und Rdn 71>).
III. Erbschaftsteuerlicher Abzug beim Erben
Rz. 76
Entsprechend der Behandlung beim Begünstigten ist der Abzug des Vermächtnisses beim Erben bei seiner Erbschaftbesteuerung sofort möglich, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG. Bei einem aufschiebend bedingten Vermächtnis tritt die Besteuerung erst mit Eintritt der Bedingung ein, § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG. Entsprechend ist die Beschwer beim Erben erst mit Eintritt der Bedingung abzugsfähig, §§ 6 Abs. 2, 5 Abs. 2 BewG.
IV. Steuerliche Bewertung
Rz. 77
Für die steuerliche Bewertung des Vermächtnisgegenstandes gilt grundsätzlich der gemeine Wert i.S.d. § 9 BewG (siehe § 8 Rdn 11 ff.>). Erhält der Vermächtnisnehmer ein Grundstück – zivilrechtlich besteht zum Stichtag (Erbfall) nur ein Anspruch –, richtet sich die Bewertung (dennoch) nach den standardisierten Verfahren des Bewertungsgesetzes für Grundbesitz (siehe § 8 Rdn 17 ff.>). Beim Beschwerten ist das Vermächtnis mit diesem Wert abzugsfähig.
Rz. 78
Beim Verschaffungsvermächtnis gem. §§ 2170, 2169 Abs. 1 BGB ist der vom Beschwerten dem Bedachten zu verschaffende Gegenstand, den sich der Belastete mit Geldern aus dem Nachlass besorgen muss, erbschaftsteuerlich mit dem gemeinen Wert i.S.d. § 9 BewG zu bewerten. Gleiches gilt (korrespondierend) im Rahmen der Abziehbarkeit beim Beschwerten.
V. Untervermächtnis
Rz. 79
Das Untervermächtnis i.S.d. § 2186 BGB wird erbschaftsteuerlich wie das Vermächtnis behandelt. Beim Untervermächtnisnehmer stellt dieses einen steuerpflichtigen Erwerb vom Erblasser dar. Beim Beschwerten ist das Untervermächtnis wiederum abzugsfähig, § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG.
Gleiches gilt auch für ein Untervermächtnis, das auf Zahlung von Geld gerichtet ist. Die sich aus dem Untervermächtnis ergebende Schuld ist auch dann in voller Höhe vom Wert des Vermächtnisses abzuziehen, wenn das Vermächtnis selber auf einen z.B. gem. § 13d ErbStG erbschaftsteuerlich begünstigten Erwerb gerichtet ist. § 10 Abs. 6 ErbStG begründet also keine Einschränkung dieses Abzugs.