Rz. 46
Der im Erbrecht tätige Anwalt sollte seine Mandanten auch auf die Notwendigkeit einer vorsorgenden Verfügung, z.B. Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung, hinweisen. Da das Testament erst nach dem Ableben des Mandanten Wirkung entfaltet und die Zahl der Menschen, die aus medizinischen Gründen in ein künstliches Koma versetzt werden, deutlich ansteigt, ist an die Errichtung einer vorsorgenden Verfügung zu denken.
I. Gegenstandswert
Rz. 47
Der Gegenstandswert einer Vorsorgevollmacht bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 3 RVG nach billigem Ermessen. Mangels Verweises des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG auf § 98 GNotKG gilt dabei ein absoluter Höchstwert von 500.000 EUR nicht. Der Höchstwert von 500.000 EUR gilt nur für den nichtvermögensrechtlichen Bereich der Vorsorgevollmacht. Als Gebühr kommt für den Rechtsanwalt bei der Gestaltung einer Vorsorgevollmacht, nebst Besprechung mit Mandanten und Vorsorgebevollmächtigten, der Ansatz einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Betracht (§ 41 KostO entspricht jetzt § 98 GNotKG).
Rz. 48
Für Angelegenheiten der Gesundheitssorge ist mangels anderer Anhaltspunkte der Regelgegenstandswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (5.000 EUR) zugrunde zu legen. Ausgangspunkt für die Wertbestimmung im vermögensrechtlichen Bereich ist das Aktivvermögen. Wegen des im Innenverhältnis auf die Zeit der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers beschränkten Anwendungsbereichs ist jedoch ein Wertabschlag von 10 bis 50 %vorzunehmen.
Rz. 49
An dieser Stelle wird neben dem Außenverhältnis der Vorsorgevollmacht auch das Innenverhältnis mit geregelt. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 RVG erhöht den Gegenstandswert der Vorsorgeregelung. Bei umfassender vertraglicher Regelung des Innenverhältnisses kann derselbe Wert wie bei der Gestaltung des Außenverhältnisses, wiederum unter Wertabschlag der Honorarrechnung, zugrunde gelegt werden.
Rz. 50
Anhaltspunkt für die Wertbestimmung der Vorsorgevollmacht im Bereich der Vermögenssorge ist das Aktivvermögen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Vorsorgevollmacht im Innenverhältnis auf die Zeit der Handlungsunfähigkeit des Vollmachtgebers beschränkt ist. Hierbei ist im Gegensatz zur sofort einzusetzenden Generalvollmacht ein Wertabzug vorzunehmen. Die Höhe des Wertabzugs kann je nach den Umständen des Einzelfalls zwischen 10 und 50 % betragen.
Rz. 51
Bei der Wertbestimmung einer Vorsorgevollmacht sind auch die Werte für die nicht vermögensrechtlichen Gegenstände wie die Regelung der Gesundheitssorge und die Aufenthaltsbestimmung zu bewerten und zusammenzurechnen, § 22 Abs. 1 RVG.
II. Ermittlung der Gebühr
Rz. 52
Zum Festlegen der Geschäftsgebühr nach freiem Ermessen im Rahmen von 0,5–2,5 ist nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen:
▪ |
Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, |
▪ |
Bedeutung der Angelegenheit, |
▪ |
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und |
▪ |
die besonderen Haftungsrisiken. |
Rz. 53
Eine Gebühr über dem 1,3-Fachen kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Insbesondere wenn die Fragen der Ausübung der Vollmacht nicht nur mit dem Vollmachtgeber, sondern auch mit dem Bevollmächtigten und/oder Kontrollbevollmächtigten eingehend besprochen und sowohl Innen- als auch Außenverhältnis vertraglich geregelt werden, wird man grundsätzlich zumindest von einer umfangreichen und nach Einzelfall auch schwierigen Tätigkeit und damit einer Erhöhung der Gebühr bis zum 2,5-fachen ausgehen können.
Rz. 54
Da der Mandant regelmäßig Vergleiche der anwaltlichen und der notariellen Tätigkeit anstellt, sollte für den Mandanten der Unterschied und der Wert zwischen einer Vorsorgevollmacht bei dem Notar und der Vorsorgeregelung bei einem Anwalt klar erkennbar werden. Der Anwalt muss somit, um seinen Honoraranspruch transparent und nachvollziehbar dem Mandanten darzulegen, schon bei der Gestaltung der Vorsorgevollmacht deutlich machen, dass er mehr Leistung als ein nur beurkundender Notar erbringen kann.
So sollte der Anwalt bei der Gestaltung der Vorsorgevollmacht den Mandanten vor der Gefahr der Einrichtung einer Kontrollbetreuung durch das Betreuungsgericht und damit die staatliche Kontrolle durch die Hintertür informieren. Der Anwalt sollte seine Dienste über die Erstellung der Vorsorgeregelung hinaus deutlich herausarbeiten, so z.B. als anwaltlicher Vorsorgebevollmächtigter oder Kontrollbevollmächtigter.
Rz. 55
Der anwaltliche Berater kann ebenfalls seine Kompetenz in betreuungsrechtlichen Fragen deutlich machen sowie seine tatsächliche Kompetenz bei der Auswahl von Pflegedienstleistern, Alten- und Pflegeheimen etc. Hieraus kann sich eine dauerhafte Beraterfunktion des Anwalts gegenüber dem Mandanten und dessen Angeh...