Rz. 95

 

Hinweis:

Bei der Bewertung wiederkehrender Leistungen gibt es Unterschiede, je nachdem, ob die Bewertungsvorschriften für den Zuständigkeitsstreitwert oder für den Gebührenstreitwert heranzuziehen sind. Es ist daher bei wiederkehrenden Leistungen notwendig, die Streitwertarten streng auseinander zu halten.

 

Rz. 96

Wiederkehrende Leistungen sind solche, die sich aus demselben Rechtsgrund in kleineren oder größeren Zeitabständen wiederholen, wobei die einzelnen Leistungen nicht unbedingt gleichmäßig hoch und die zeitlichen Zwischenräume nicht unbedingt regelmäßig sein müssen. Zuständigkeitsstreitwert und Gebührenstreitwert haben gemein, dass zunächst der Wert des Bezugs für ein Jahr festzustellen und dann – je nach der anzuwendenden Wertvorschrift – mit der entsprechenden Zahl der Jahre zu vervielfältigen ist.

 

Rz. 97

Der Zuständigkeitsstreitwert und der Rechtsmittelstreitwert werden bei wiederkehrenden Leistungen nach § 9 ZPO bestimmt, der außerdem für die Ermittlung des Gebührenstreitwertes heranzuziehen ist, sofern § 42 GKG bzw. § 51 FamGKG hierfür keine Sonderregeln enthalten. Danach verbleiben z. B. im Anwendungsbereich des § 9 ZPO: Renten aus unerlaubten Handlungen und vertragliche Geldrenten, vertragliche (nicht familienrechtliche) Unterhaltsansprüche, Leibrenten, Nutzungen (§ 100 BGB), Reallasten, Erbbauzinsen.

Zur Berechnung des Zuständigkeitsstreitwertes wird bei einem Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen gemäß § 9 ZPO der dreieinhalbfache Wert des Jahresbetrages angesetzt. Es kommt dabei nicht (wie im GNotKG) darauf an, ob das den wiederkehrenden Leistungen zugrunde liegende Recht von bestimmter oder von unbeschränkter Dauer ist, oder ob der zukünftige Wegfall des Rechts ungewiss ist. Jedoch bildet bei einem Recht von bestimmter Dauer der dreieinhalbfache Jahresbetrag des § 9 ZPO nur den Höchstwert; bei einer kürzeren bestimmten Dauer ist die tatsächliche Zeit anzusetzen, sodass z. B. bei einem nur auf zwei Jahre vereinbarten Unterhalt der Jahresbetrag mit 2 zu vervielfältigen ist.

 

Exkurs:

Die nachstehenden Erläuterungen sind insbesondere auch für § 52 GNotKG von Bedeutung.

Der zukünftige Wegfall eines Rechts kann gewiss sein, nur der Zeitpunkt des Wegfalls nicht. Es handelt sich bei solchen Rechten von unbestimmter Dauer häufig um Rechte, die an das Leben einer Person geknüpft sind; wann diese sterben wird, weiß halt niemand.

Die Dauer eines Rechts kann ferner zeitlich unbeschränkt sein (also ein Recht auf ewig) oder auch der Zeit nach bestimmt sein (z. B. auf 30 Jahre). Bezugsrechte von unbeschränkter Dauer können z. B. häufig Reallasten sein.

Nur bei einem zeitlich bestimmten Recht ist es möglich, dass ein Vervielfältiger von weniger als 3,5 zur Berechnung des Zuständigkeitsstreitwertes herangezogen werden kann.

Da dies manchmal verwechselt wird, sei darauf hingewiesen, dass für Grunddienstbarkeiten § 7 ZPO anzuwenden ist, wobei der zu vergleichende Wert der Grunddienstbarkeit für das herrschende und das dienende Grundstück nach § 3 ZPO zu schätzen ist.

 

Rz. 98

Entscheidend ist bei allen Streitwertarten, dass § 9 ZPO und § 42 GKG bzw. § 51 FamGKG nur anzuwenden sind, wenn es bei dem Streit um das Recht als solches geht. Betrifft der Rechtsstreit nur Rückstände einzelner Leistungen, ohne dass zugleich um das Recht auf zukünftige Leistungen selbst gestritten wird, so bestimmt nur der Gesamtbetrag der Rückstände vor Klageeinreichung den Streitwert.

Wird das Recht auf zukünftige Leistungen zusammen mit Ansprüchen auf Rückstände aus der Zeit vor der Einreichung der Klage bzw. des Antrags eingefordert, so werden die Rückstände dem Wert hinzugerechnet (§ 5 Hs. 1 ZPO, § 42 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 GKG, § 51 Abs. 2 FamGKG); ausgenommen sind Prozesse vor den Arbeitsgerichten (§ 42 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 GKG). Ein solcher Rückstand kann durchaus den nach den nach § 9 ZPO oder § 42 Abs. 1 GKG bzw. § 51 Abs. 1 FamGKG errechneten Wert übersteigen. Es werden jedoch nur Rückstände bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage bzw. des Antrags (nicht bis zur Zustellung bzw. Rechtshängigkeit) berücksichtigt; der Eingangsstempel des Gerichts ist hierfür entscheidend. Nach Einreichung der Klage bzw. des Antrags aufgelaufene Rückstände bleiben unberücksichtigt. Rückständig ist also nur jeder Betrag, der vor dem Zeitpunkt der Einreichung der Klage oder des Antrags auf Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe fällig gewesen ist (§ 42 Abs. 3 S. 2 GKG, § 51 Abs. 2 S. 2 FamGKG). Im Fall des Antrags auf Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe gilt dies jedoch nur dann, wenn alsbald nach deren Bewilligung das Hauptverfahren eingeleitet wird.

 

Beispiel:

Am 16. Dezember wird beim Familiengericht ein verfahrenseinleitender Antrag auf monatliche Unterhaltszahlung von 500,00 EUR seit dem 1. September eingereicht, wobei die einzelnen Unterhaltsbeträge gemäß § 1612 Abs. 3 BGB jeweils zum 1. eines jeden Monats im Voraus zahlbar sein sollen, also fällig sind.

Der Wert des Unterhaltsverfahrens (Unterhaltspflicht) wird in Rdn 104 f...

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