Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 114
Nichtvermögensrechtliche Ansprüche haben eigentlich keinen messbaren Wert. Eine Bewertung dieser Streitigkeiten muss auch nur zum Zweck der Gebührenberechnung und nur teilweise zur Klärung der Zuständigkeitsfrage vorgenommen werden.
Nichtvermögensrechtliche Ansprüche sind solche Ansprüche, die sich nicht in Geld ausdrücken oder in einen Geldwert umsetzen lassen, weil sie eben auf einem nichtvermögensrechtlichen Verhältnis beruhen. Angelegenheiten nichtvermögensrechtlicher Art sind insbesondere Ehesachen, Kindschaftssachen (Sorgerecht usw.), Abstammungssachen, Familien- und Personenstandssachen, aber auch z. B. Streitigkeiten über das Recht zum Gebrauch eines Namens, wegen Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen, wegen Herausgabe eines Tagebuches, wegen Einsicht in eine Personalakte.
Die Bewertung nichtvermögensrechtlicher Ansprüche ist grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 GKG vorzunehmen. Nur in Ehesachen findet die Ermittlung des Verfahrenswertes nach § 43 Abs. 1 FamGKG statt. Der Streitwert bzw. Verfahrenswert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Ermessen zu bestimmen, wobei man sein Augenmerk insbesondere auf den Umfang der Sache für das Gericht, die Bedeutung der Sache für die Parteien und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien richten muss. Der Wert ist im Allgemeinen gemäß vorstehender Anleitung nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über 1 Million Euro angenommen werden. Wie man bei der Bewertung nichtvermögensrechtlicher Ansprüche vorzugehen hat, ist detailliert in § 11 Rdn 19 ff. am Beispiel der Wertberechnung in Ehesachen dargestellt.
Rz. 115
In der Praxis hat man mit nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten am häufigsten in Ehe-, Familien- und Abstammungssachen zu tun. Die Bewertung dieser Angelegenheiten ist in § 11 Rdn 19 ff., 23 ff., 92, 92 und 92 ff. ausführlich beschrieben. Nachfolgend sollen daher nur einige allgemeine Hinweise gegeben werden:
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In Ehesachen (Ehescheidung) ist für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute gemäß § 43 Abs. 2 FamGKG als Ausgangswert einzusetzen, wobei dann nach Lage des Falles noch die anderen wertbestimmenden Faktoren des § 43 Abs. 1 FamGKG zu berücksichtigen sind. Das heißt, dass von diesem Ausgangswert Zu- und Abschläge vorgenommen werden, z. B. für Kindesunterhalt, Vermögen oder Schulden. Der Mindestwert beträgt hier 3.000 Euro (§ 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Siehe § 11 Rdn 19 ff. |
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Sind bestimmte Kindschaftssachen Scheidungsfolgesachen im Verbund (Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts, der Herausgabe eines Kindes) wird der Verfahrenswert derartiger nichtvermögensrechtlicher Sachen nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf folgende Weise berechnet: Für jede Kindschaftssache werden 20 % des nach § 43 FamGKG für die Ehescheidung ermittelten Verfahrenswertes angesetzt, jedoch höchstens 4.000 Euro. Diese Berechnung ändert sich auch nicht, wenn mehrere Kinder betroffen sind. Sollten mehrere Kindschaftssachen im Verfahren im Verbund anhängig sein (z. B. Sorgerecht und Umgangsrecht), wird für jede Sache der Verfahrenswert einzeln ermittelt und dann werden die einzelnen Werte zusammengerechnet. Siehe § 11 Rdn 26 ff. |
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In bestimmten Kindschaftssachen (Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangsrechts, der Kindesherausgabe), wenn sie als selbstständige Verfahren betrieben werden, ist der Verfahrenswert für jede einzelne Sache nach § 45 FamGKG stets ein Festwert von 4.000 Euro. Dies gilt auch, wenn jeweils mehrere Kinder betroffen sind. Siehe § 11 Rdn 24. |
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In bestimmten Abstammungssachen (Feststellung oder Anfechtung der Vaterschaft) beträgt der Wert nach § 47 Abs. 1 FamGKG 2.000 Euro (Festwert). Siehe § 11 Rdn 92 ff. In den übrigen Abstammungssachen nach § 169 Nrn. 2 und 3 FamFG beträgt der Festwert dagegen nur 1.000 Euro. |
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Der Gebührenstreitwert darf in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten nicht über 1 Million Euro, in Ehesachen jedoch nicht unter 3.000 Euro angenommen werden (§ 48 Abs. 2 S. 2 GKG, § 43 Abs. 1 S. 2 FamGKG). |
Beispiel:
Susanne hat ihr Tagebuch ihrer Freundin Sonja vor einigen Monaten zum Lesen gegeben. Da Sonja die Rückgabe verweigert, wird sie von Susanne auf Herausgabe verklagt. Beide Parteien studieren und haben weder Vermögen noch Einkommen.
Unter Berücksichtigung aller Umstände gemäß § 48 Abs. 2 GKG dürfte hier ein Wert von 300,00 EUR als Gebührenstreitwert angemessen sein.
Beispiel:
Ein bekannter Politiker hat sein Tagebuch einem Journalisten leihweise zur Verfügung gestellt, weil dieser ihm bei der Abfassung seiner Biografie helfen sollte. Die Lebensbeschreibung wird nicht erstellt, dennoch gibt der Journalist das Tagebuch nicht zurück. Der Politiker befürchtet, dass das Tagebuch in die Hände seiner politischen Gegner gelangt und klagt auf Herausgabe.
Da das Tagebuch für den Politiker eine überdurchschnittliche Bedeutung hat und wegen der überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird ein Gebührenstreitwert von z. B. 30.000,00 EUR ...