Rz. 99
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann grundsätzlich jeder kostenrechtlich obsiegende Streitgenosse die Kosten eines eigenen Anwalts erstattet verlangen (§ 91 Abs. 2 S. 1 ZPO). Da es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um ein Massenverfahren handelt, das einer zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf, gilt etwas anderes nur in besonderen – atypischen – Konstellationen. Danach ist von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten nur dann auszugehen, wenn feststeht, dass für die Beauftragung eines eigenen Prozessbevollmächtigten kein sachlicher Grund besteht. Verweist der Streitgenosse dagegen auf plausible und schutzwürdige Belange, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass ein Streitgenosse einen eigenen Prozessbevollmächtigten einschalten darf, ohne dass er deshalb kostenrechtliche Nachteile zu tragen hat.
Ein Verstoß gegen die aus dem Prozessrechtsverhältnis folgende Pflicht jeder Partei, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Obsiegens vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt, kann jedoch vorliegen, wenn hinsichtlich ihrer Rechtsverteidigung Interessenkonflikte zwischen ihnen weder bestanden noch zu erwarten waren. Steht nach den Umständen des Einzelfalls fest, dass für die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch einen Streitgenossen kein sachlicher Grund besteht und sie mithin rechtsmissbräuchlich ist, sind die dadurch verursachten Kosten nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO und damit nicht erstattungsfähig.
Insoweit können auch Rechtsanwälte, die als Streitgenossen verklagt werden, unter Kostengesichtspunkten verpflichtet sein, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung zu beauftragen. Der Kostenerstattungsanspruch kann dann insgesamt auf den Betrag beschränkt sein, der sich bei einer solchen gemeinsamen Beauftragung ergeben hätte. Soweit jedoch die Gefahr besteht, dass ein von den anwaltlichen Streitgenossen gemeinsam beauftragter Rechtsanwalt wegen eines denkbaren Interessenskonflikts das Mandat ohnehin nicht hätte weiterführen dürfen, muss es bei dem Grundsatz verbleiben, dass ein Streitgenosse seinen eigenen Prozessbevollmächtigten einschalten oder sich ggf. selbst vertreten darf, ohne kostenrechtliche Nachteile tragen zu müssen.
Dies hat der BGH beispielsweise für den Fall einer Klage auf Schadensersatz gegen eine Rechtsanwaltsgesellschaft gemeinsam mit den beruflich zusammengeschlossenen Rechtsanwälten wegen eines anwaltlichen Beratungsfehlers bejaht. Liegt ein Interessenkonflikt vor, der die Beauftragung mehrerer Rechtsanwälte rechtfertigt, sollte dies bereits im Kostenfestsetzungsantrag dargelegt werden.