Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 2014
In dieser Entscheidung und noch einmal in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.3.2001 ist deutlich erklärt worden, dass in Eheverträgen der Schutz vor unangemessener Benachteiligung beachtet werden muss. Ein Ehevertrag darf die Unterlegenheitsposition einer Partei nicht durch ihre einseitige vertragliche Belastung und die unangemessene Berücksichtigung der Interessen der anderen Partei ausdrücken. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu festgelegt:
Zitat
Ein Verzicht auf gesetzliche Ansprüche bedeutet insbesondere für den Ehegatten eine Benachteiligung, der sich unter Aufgabe einer Berufstätigkeit der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause widmen soll. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen werden, desto mehr kann sich der Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.
Das BVerfG verlangt für die Frage der Korrekturbedürftigkeit eines Ehevertrages eine "Gesamtschau" der persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und im Zeitpunkt der Scheidung.
Rz. 2015
Zu den Risikofaktoren bei Eheverträgen kann die folgende Checkliste als Hilfestellung dienen:
Risikofaktoren ja:
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Vertragsschluss in einer Zwangssituation (Terminsnot, Schwangerschaft, wirtschaftliche Abhängigkeit, Drohung, Täuschung) |
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Für einen Vertragsteil werden sämtliche Rechte abbedungen |
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Gemäß der Gesamtschau der Verhältnisse wurde ein wesentliches Teilrecht abbedungen |
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Die notarielle Belehrung (§ 17 BeurkG) war unterblieben oder mangelhaft, so dass der oder die Beteiligten die Tragweite des Geschäfts nicht verstanden haben (oder haben wollen). |
Risikofaktoren nein:
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nur ein unwesentliches Teilrecht abbedungen |
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Vertrag von jungen Leuten mit stabiler Einkommenssituation geschlossen |
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Beim Globalverzicht wurden ausreichende, gleichwertige Kompensationsleistungen vereinbart (Lebensversicherungen, Grundstücksübereignung, Geldanlage) |
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Ehepartner wollen beide freiberuflich tätig sein und haben daher aus Risikogründen Teilhaberrechte abbedungen |
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Ehepartner haben keinen Kinderwunsch, feste und zukunftssichere Einkünfte und schließen sämtliche Teilhaberechte aus |
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Beide Ehepartner haben unbelastete Immobilien, bereits ausreichende Rentenanwartschaften und verfügen über Ausbildungen in krisensicheren Berufen (Idealfall) |
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Junge Ehepartner haben bei Vertragsschluss sichere Einkommensquellen, akademische Ausbildungen, Berufserfahrung, dauerhafte Chancen auf dem Arbeitsmarkt, kein eigenes unbewegliches Vermögen, Absicherung durch Elternvermögen und einen Globalverzicht vereinbart. |
Rz. 2016
Praxistipp 1
Ein gerichtlicher Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Ehevertrages ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, solange kein Scheidungsantrag gestellt und auch sonst offen ist, ob es zur Scheidung der Parteien kommt.
Rz. 2017
Ist ein Scheidungsantrag noch nicht gestellt, soll nach Auffassung des OLG Frankfurt/M. mangels Feststellungsinteresses grundsätzlich ein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Ehevertrages unzulässig sein. Es erscheint zweifelhaft, ob nicht schon die Trennung Ausgangspunkt der Inhaltskontrolle (natürlich nicht: der Ausübungskontrolle) sein kann. Zumindest wird man bei endgültigem Scheitern der Ehe nach Ablauf des Trennungsjahres das Feststellungsinteresse bejahen müssen.
Rz. 2018
Praxistipp 2
Die Nichtigkeit eines Ehevertrages kann gemäß § 139 BGB nicht aus einer Bestimmung hergeleitet werden, die bei der Vertragsdurchführung nicht zur Anwendung kommen konnte.