Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 136
Nach § 1360a Abs. 2 S. 2 BGB sind die Ehegatten einander verpflichtet, die zur Deckung des finanziellen Bedarfs erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen. Die Eheleute haben den durchschnittlichen finanziellen Bedarf konkret nach den Bedürfnissen und den Verhältnissen der jeweiligen Familie zu bemessen. Beträge, die sich aus Unterhaltstabellen und/oder Leitlinien der Oberlandesgerichte ergeben, können für eine Bemessung im Einzelfall nicht herangezogen werden. Tabellen und Leitlinien betreffen den Unterhalt getrenntlebender oder geschiedener Eheleute, also die Situation einer miteinander zusammenlebenden Familie und damit den Familienunterhalt gerade nicht.
Rz. 137
Grundlage für die Berechnung des Familienunterhalts der Höhe nach sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute.
Einkommens- und Vermögensverhältnisse können sich laufend verändern, sodass laufend eine Angleichung des zur Verfügung zu stellenden Familienunterhalts vorzunehmen ist.
Dabei braucht der Stamm eines Vermögens nicht angetastet zu werden, es sei denn, auch bei sparsamster Lebensführung reichen die laufenden Einkünfte für den notwendigen Familienunterhalt nicht aus oder es werden größere Anschaffungen benötigt.
Rz. 138
Sozialleistungen gehören zum Familieneinkommen, es sei denn, die Leistungen befriedigen einen Mehraufwand des Berechtigten. Ist dies nicht der Fall, sind die gezahlten Beträge für den Familienunterhalt einzusetzen. Dasselbe gilt für das Elterngeld.
Rz. 139
Pflegegeld ist für den Familienunterhalt zu verwenden, soweit es für einen pflegebedürftigen Familienangehörigen gezahlt und für dessen Mehrbedarf nicht benötigt wird. Zwar bleibt nach § 13 Abs. 6 SGB XI Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder eine vergleichbare Geldleistung, die an eine Pflegeperson im Sinne des § 19 SGB XI weitergeleitet wird, bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Dies hat aber für den Familienunterhalt keine Bedeutung, weil es nur Ansprüche außerhalb des Bestehens der häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten betrifft, also Trennungsunterhalt und nacheheliche Unterhaltsansprüche.
Rz. 140
Schulden mindern das für den Familienunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen, unabhängig von seinem Entstehen und unabhängig davon, wann sie entstanden sind, ob also vor und während der Ehe. Entscheidend ist auch nicht, ob sie mit vernünftiger Begründung aufgenommen worden sind. Unvernünftiges Verhalten eines Partners bzw. Ehegatten ist vom anderen Ehepartner und den Kindern mitzutragen. Verlangt werden kann allerdings, dass besondere Anstrengungen unternommen werden, um das Einkommen, z.B. durch Überstunden, zu erhöhen oder dass die Schuldentilgung gestreckt wird. Nötigenfalls muss aber auch der bisher den Haushalt führende Ehegatte ganz oder teilweise einer Erwerbstätigkeit nachgehen, soweit dies zumutbar ist. Die Zumutbarkeit endet, wo ein Betreuungserfordernis nach § 1570 Abs. 1 BGB vorliegt oder der andere Ehepartner durch Erwerbsunfähigkeit verhindert ist.
Rz. 141
Der finanzielle Gesamtbedarf wird durch das in dieser Weise berechnete Einkommen und etwaiges vorhandenes Vermögen nach oben begrenzt. Die Begrenzung erfolgt, weil nicht mehr Geld ausgegeben werden darf, als für Unterhaltszwecke vorhanden ist. Innerhalb dieses Rahmens bestimmen die Eheleute den Lebenszuschnitt und die gemeinsame Lebensplanung gemeinsam und frei. Allerdings darf gegen den Willen eines Ehepartners weder übertriebener Luxusaufwand (Luxusgrenze) betrieben werden, auch wenn er sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden Einkünfte bewegt, noch darf eine übertrieben sparsame (Geizhalsgrenze) dazu führen, dass Mindeststandards in allzu dürftiger Lebensführung unterschritten werden.
Rz. 142
Gemeinsam vereinbar ist aber naturgemäß sowohl eine "Luxusehe" als auch eine "Geizhalsehe". Die Grenze der Gestaltungsfreiheit liegt nur in der Familienverträglichkeit und der ökonomischen Verhältnisse der Ehegatten.
Ist ein Ehepartner jedoch nicht damit einverstanden, eine "Luxusehe" oder eine "Geizhalsehe" zu führen, ist der Familienunterhalt in einem mittleren Bereich anzusiedeln, der nach den Einkommens- und Bildungsverhältnissen der Eheleute nahe liegt.
Rz. 143
Grundsätzlich müssen die Eheleute alle verfügbaren Mittel miteinander teilen, da dies der ehelichen Lebensgemeinschaft entspricht. Die tatsächlich vorhandenen Mittel begrenzen insoweit naturgemäß die Leistungsfähigkeit der Eheleute. Daher kann sich jeder Ehegatte auch nicht gegenüber dem anderen auf einen angemessenen oder notwendigen Selbstbehalt berufen. Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen und notfalls müssen Lebensgewohnheiten drastisch eingeschränkt werden. Lediglich zur Finanzierung unabweisbarer Ausgaben, z.B. notwendiger, nicht von einer Krankheit getragener Behandlungskosten, müssen notfalls auch Schulden aufgenommen werden.
Rz. 144
Nach § 1360a Abs. 2 S. 1 BGB ist der Unterhalt in der Weise zu...