Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 249
Der Unterhaltsschuldner kann Überzahlungen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB zurückverlangen, wenn er insbesondere aufgrund falscher Angaben des Unterhaltsgläubigers zu erhöhten Unterhaltszahlungen veranlasst wurde.
Rz. 250
Nach der Rechtsprechung des BGH kann in schwerwiegenden Ausnahmefällen mit einem auf § 826 BGB gestützten Antrag die materielle Rechtskraft durchbrochen werden, und zwar als Anspruch auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels, ggf. auch als Schadenersatzanspruch in Geld, wenn bereits vollstreckt worden ist. Der Grundgedanke: Die Rechtskraft muss zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formale Rechtsstellung zu Lasten des Schuldners ausnutzt. Ein Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB setzt damit die sittenwidrige Ausnutzung eines unrichtig gewordenen Titels voraus.
Rz. 251
Dies ist in unterschiedlichen Konstellationen denkbar:
▪ |
falsche Angaben zum Einkommen, |
▪ |
keine Offenbarung von Einkommensveränderungen während des Verfahrens, |
▪ |
Offenbarung eines Rentenbezugs erst im Unterhaltsverfahren, |
▪ |
Offenbarung einer Erbschaft im Verfahren, |
▪ |
Verschweigen von Einkünften trotz ausdrücklicher Nachfrage, |
▪ |
Verschweigen eines Ausbildungsabbruchs, |
▪ |
Verschweigen von neuen Lebensumständen wie die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. |
▪ |
Missbrauch einer erteilten Vollmacht |
Rz. 252
Ein Betrugsversuch beginnt bereits im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen über Grund und Höhe etwaiger Unterhaltsansprüche. Werden von den Beteiligten wider besseres Wissen unwahre Angaben über ihre Einkünfte oder über sonstige Voraussetzungen zur Zahlung von Unterhaltsansprüchen gemacht, können Sie, wenn sie zum Zwecke der Unterhaltsverkürzung auf Seiten des Pflichtigen oder zur Erlangung höheren Unterhalts auf Seiten des Berechtigten erfolgen, zu einem Betrugsversuch führen, im Falle des Erfolgs zu einem vollendeten Betrugsdelikt.
Rz. 253
Im Zusammenhang mit der Überreichung von Belegen an den jeweils anderen kann entweder
▪ |
die Verfälschung kopierter Einkommensunterlagen oder |
▪ |
das Verschweigen (gerade) erfolgter Einkommenserhöhungen |
eine Rolle spielen.
Rz. 254
Aber auch andere, für die Unterhaltsberechtigung wichtige Umstände können zum Betrugsversuch führen. Beispielsweise verfälschte oder durch Simulation erfolgreich erwirkte Erwerbsunfähigkeitsbescheinigungen, das Verschweigen einer Gesundung oder die Erstellung von Bewerbungsschreiben zum Nachweis von Erwerbsbemühungen, die niemals versendet worden sind, können Grundlage eines Betrugsversuches sein. Je nach tatbestandlicher Grundlage des Verlangens von Unterhalt sind die unterschiedlichsten Konstellationen denkbar.
Rz. 255
Dies betrifft den vorprozessualen Bereich insoweit, als damit der Versuch unternommen wird, dass entweder ein – früherer – Ehepartner auf die gerichtliche Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen verzichtet oder der andere Beteiligte zu einer für ihn ungünstigen außergerichtlichen Vereinbarung bewegt werden soll.
Rz. 256
Im gerichtlichen Verfahren selbst ist das Gericht wie alle Beteiligten darauf angewiesen, korrekte Auskünfte zum Einkommen der Beteiligten und zu allen für die Entscheidung wichtigen Umstände zu gelangen. Es gilt die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO gerade während eines laufenden Rechtsstreits. Werden falsche Angaben gemacht, erschleicht sich der Betroffene Vorteile, von denen er auch weiß, dass sie ihm nicht zustehen. Er begeht einen Prozessbetrug, der zum Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB führt
Rz. 257
Nach Beendigung eines gerichtlichen Verfahrens bildet sodann der Fall, dass titulierter Unterhalt entgegengenommen wird, obwohl die Pflicht zur ungefragten Information besteht, die zu einer Reduzierung oder einem Entfallen des Unterhaltsanspruchs geführt hätte, einen Hauptfall des Betruges im Bereich des Unterhaltsrechts.
Rz. 258
Nach der Rechtsprechung des BGH kann in schwerwiegenden Ausnahmefällen mit einem auf § 826 BGB gestützten Antrag die materielle Rechtskraft durchbrochen werden, und zwar als Anspruch auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels, ggf. auch als Schadenersatzanspruch in Geld, wenn bereits vollstreckt worden ist. Der Grundgedanke: Die Rechtskraft muss zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formale Rechtsstellung zu Lasten des Schuldners ausnutzt.
Ein solcher Antrag setzt voraus, dass
▪ |
der betroffene Titel materiell unrichtig ist, |
▪ |
der Titelgläubiger die Unrichtigkeit des Titels kennt und |
▪ |
besondere Umstände noch hinzutreten, aufgrund derer es dem Gläubiger zuzumuten ist, die ihm unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben. |
Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen des Schadenersatzes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bei betrügerischem Verhalten des Unterh...