Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1780
Auch der Verpflichtete verfügt u.U. über Erwerbseinkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit:
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Über das übliche Maß hinausgehende Überstunden; |
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überobligationsmäßige, unübliche Mehrarbeit und Belastung; |
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Nebentätigkeit und sonstige unzumutbare Zweitarbeit; |
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Berufstätigkeit des Verpflichteten trotz Kinderbetreuung; |
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Berufstätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus; |
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Zusatzverdienst/Nebentätigkeit bei Renten- und Pensionsempfängern. |
Es obliegt einer Einzelfallprüfung, ob in solchen Fällen eine vollständige oder lediglich teilweise oder auch gar keine Anrechnung der Einkünfte vorzunehmen ist.
Rz. 1781
Für den Ehegattenunterhalt gilt, dass eine neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ausgeübte Nebentätigkeit grundsätzlich unzumutbar ist, soweit sie jederzeit beendet werden kann. Sind Zusatzarbeiten oder Überstunden und Mehrbelastungen bei bestimmten Berufsgruppen oder bei Selbstständigen Bestandteil ihrer Tätigkeit (z.B. auch Gutachtertätigkeit oder Mitgliedschaft in einer Prüfungskommission), ist grundsätzlich nicht von einer unzumutbaren Tätigkeit auszugehen. Eine Anrechnung solcher Bezüge erfolgt in vollem Umfang.
Rz. 1782
Auch die Ausübung grundsätzlich zweier verschiedener Berufe, wie derjenige des Abgeordneten und des Rechtsanwaltes können als eine einheitliche Tätigkeit gewertet werden und damit einheitlich als zumutbar anzusehen sein.
Rz. 1783
Bei nicht Selbstständigen kommt es für den Fall von Überstunden, Mehrarbeit und Belastungen auf die Frage der Üblichkeit an. Bei Selbstständigen gelten – ebenfalls typischerweise – die Arbeitszeiten von nicht Selbstständigen nicht.
Dies führt andererseits nicht dazu, dass die Reduzierung der Arbeitszeit eines Selbstständigen auf die üblichen Arbeitszeiten eines nicht Selbstständigen beanstandet werden könnten.
Rz. 1784
Tätigkeiten über die Regelzeit der Altersgrenze hinaus stellen grundsätzlich überobligatorische Tätigkeit dar. Dies gilt für den Unterhaltspflichtigen ebenso wie für den Berechtigten.
Insoweit kann grundsätzlich auch nicht differenziert werden, ob es sich um einen Selbstständigen oder nicht Selbstständigen handelt. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob in bestimmten Berufen (Rechtsanwälte, Ärzte etc.) üblich ist, über die Regelzeit der Altersgrenze hinaus zu arbeiten.
Auch Selbstständige können ihre Tätigkeit ab Vollendung der Regelzeit der Altersgrenze jederzeit beenden.
Rz. 1785
Beim Verpflichteten ist das Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit nach allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles anzurechnen. Soweit es überhaupt anzusetzen ist, gilt es als in der Ehe angelegt.
Rz. 1786
Regelmäßig wird man solchen Fällen unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls nur einen Teil des überobligatorischen Einkommens, etwa zwischen 30 und 50 %, der Unterhaltsberechnung zugrunde legen können. Dies gilt auch für den Fall der neben der vollen Berufstätigkeit ausgeübten Nebentätigkeit (z.B. Gutachtertätigkeit oder Tätigkeit in Prüfungskommissionen). Bei Aufgabe einer solchen Nebentätigkeit ist die Einkommensreduzierung eheprägend und damit vom Berechtigten zu akzeptieren.
Rz. 1787
Bei Berufstätigkeit über den Zeitpunkt der Regelalterszeit hinaus kann maximal das bisherige Einkommen ohne Berücksichtigung der zusätzlich gezahlten Altersvorsorge und des steuerlichen Altersfreibetrages angesetzt werden.
Die überobligatorische Tätigkeit des Pflichtigen kann nicht zu einer Verbesserung der Lebensstellung des Bedürftigen führen. Im Einzelfall ist aber zu prüfen, ob nicht lediglich die Altersvorsorge und ein geringerer Teil des bisherigen Einkommens nach Treu und Glauben für die Unterhaltsberechnung herangezogen werden kann oder ausschließlich die Altersvorsorge.
Rz. 1788
Im Rahmen der Einzelfallprüfung ist von Bedeutung, aus welchen Gründen die weitere Arbeitstätigkeit erfolgt (einerseits Überschuldung oder fehlende ausreichende Altersversorgung, andererseits Freude an der Tätigkeit). Umgekehrt ist zu bedenken, inwieweit der Bedürftige auf die Fortzahlung des bisherigen Unterhaltes angewiesen ist.
Schließlich ist ein fortschreitendes Alter des Pflichtigen einzubeziehen.
Rz. 1789
Liegt Überschuldung oder fehlende ausreichende Altersversorgung vor, so dient das überobligatorische Einkommen des Verpflichteten seiner eigenen Versorgung und damit der Sicherung seines eigenen Unterhalts.
Rz. 1790
Für die Bedarfsermittlung kann es nur in dem Umfang herangezogen werden, in dem der Pflichtige üblicherweise ab Erreichen der Regelaltersgrenze eine Altersversorgung hätte.
Dies gilt nicht, wenn der Verdienst nicht nur für die Altersversorgung herangezogen wird, sondern z.B. auch Vermögen gebildet werden soll. Wird, vor allem bei Selbstständigen, die Arbeitstätigkeit fortgesetzt, weil der Verpflichtete Freude an der Tätigkeit hat, bleibt die Tätigkeit überobligatorisch und ist nur zum Teil anzusetzen. Üblich muss der Rahmen zwischen ...