Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 94
Der Anspruch auf den Erhalt eines Beitrages zum Familienunterhalt besteht zwischen den Eheleuten gegenseitig. Daher ist nach § 1360 BGB jeder Ehegatte zugleich Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter.
Rz. 95
Der Anspruch umfasst die Bedürfnisse der gesamten Familie einschließlich der Kinder. Der Unterhaltsanspruch der Kinder ergibt sich jedoch ausschließlich aus §§ 1601 ff. BGB. Darüber hinaus bestimmen Ehegatten in der Regel nach § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB, das unverheirateten minderjährigen, aber auch volljährigen Kindern Unterhalt in Natur im gemeinsamen Haushalt gewährt wird. Das Bestimmungsrecht der Eltern findet seine Grenze allerdings darin, dass auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen werden muss.
Führt das Bestimmungsrecht aber zu einem Unterhaltsanspruch in Natur im gemeinsamen Haushalt, umfasst dies alles, was zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse zu leisten ist wie freie Kost, Wohnung, Versorgung, sonstige Sachaufwendungen und Leistungen, insbesondere für Bildung und Freizeitgestaltung. Hinzu kommt der Anspruch des Kindes auf ein angemessenes Taschengeld.
Rz. 96
Das Bestimmungsrecht gilt gegenüber minderjährigen und volljährigen Kindern in gleicher Weise. Bei Minderjährigen ist dies Ausfluss der elterlichen Sorge. Bei Volljährigen wird vor allem die notwendige Rücksichtnahme auf die Belange des Kindes von Bedeutung sein. Es kann aber durchaus sein, dass dann, wenn das Kind nach Eintritt der Volljährigkeit stets das Elternhaus verlassen und Unterhalt in Form einer Geldrente verlangen könnte, Eltern wirtschaftlich überfordert wären.
Rz. 97
Das Kind selbst hat keinen Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB. Allerdings besteht grundsätzlich das Recht des Kindes, nach §§ 1601 ff. BGB Unterhalt geltend zu machen. Dies spielt insbesondere nach Volljährigkeit eine Rolle. In der Praxis wird ein Fall der Geltendmachung von Unterhalt des minderjährigen Kindes nach §§ 1601 ff. BGB kaum in Betracht kommen, da in solchen Fällen eine Vernachlässigung des Kindes vorliegt und eine Gefährdung des Kindeswohl nach § 1666 BGB vorliegt. Dies führt zum Einschreiten des Familiengerichts und damit ohnehin zu einem Anspruch auf Kindesunterhalt nach § 1601 BGB.
Rz. 98
Besteht ein Unterhaltstitel für das Kind, wird dieser nicht dadurch gegenstandslos, dass die getrenntlebenden Eltern die eheliche Lebensgemeinschaft wieder herstellen oder geschiedene Eltern erneut heiraten. Der barunterhaltspflichtige Elternteil kann mit einem Vollstreckungsgegenantrag (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 767 ZPO) allerdings geltend machen, dass er während des erneuten Zusammenlebens mit dem anderen Elternteil Familienunterhalt leistet und dadurch den Bedarf des Kindes deckt.
Rz. 99
Die Ehegatten tragen gem. § 1360 BGB die Last des Familienunterhalts gemeinsam, sind jedoch in der Gestaltung ihrer Ehe, in der Rollenverteilung und in der Beschaffung und Verteilung des Unterhalts weitgehend frei.
Rz. 100
Die Gestaltungsfreiheit gilt im Verhältnis der Ehegatten zueinander, nicht jedoch im Verhältnis zu vorrangigen Unterhaltsberechtigten, also minderjährigen Kindern oder privilegierten volljährigen Kindern aus einer früheren Ehe oder einer anderen Verbindung. Ebenso wenig darf dies zu Lasten eines gleichrangig Berechtigten, z.B. eines früheren Ehegatten oder eines ein Kleinkind betreuenden Elternteils gehen (§ 1609 Nr. 1, 2 BGB).
Rz. 101
Daraus kann ggf. eine Erwerbsobliegenheit abgeleitet werden. Die grundsätzlich frei zu wählende Rollenverteilung der Ehegatten darf nicht den bestehenden Unterhaltsanspruch gleichrangiger oder vorrangiger Berechtigter schmälern. So wird bei einer Konkurrenz des geschiedenen und des beim Verpflichteten lebenden jetzigen Ehegatten entscheidend sein, ob der den Haushalt führende jetzige Ehegatte im Falle einer Scheidung wegen Kinderbetreuung unterhaltsberechtigt wäre. Ist dies nicht der Fall, wird ihm ein fiktives Einkommen zugerechnet, das den erwerbstätigen Partner (teilweise) vom Familienunterhalt entlastet, seine Leistungsfähigkeit im Verhältnis zum geschiedenen Partner und damit dessen Unterhaltsanspruch erhöht.
Rz. 102
Eine Erwerbsobliegenheit kommt ebenfalls in Betracht, wenn ein nachrangiger Unterhaltsgläubiger, also beispielsweise ein volljähriges Kind, Unterhalt vom haushaltsführenden Ehegatten verlangt. Führt der – wieder verheiratete – Ehegatte den Haushalt, ohne eigene Einkünfte zu erzielen, kann zumindest die Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit gegenüber dem volljährigen Kind bestehen. Wäre dagegen für den Haushalt führenden Ehegatten grundsätzlich ein Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1570 BGB gegeben oder aber ein Anspruch wegen Krankheitsunterhalt aufgrund Erwerbsunfähigkeit, kommt die Verpflichtung einer Nebentätigkeit aufgrund der – nachrangigen – Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem volljährigen Kind nicht in Betracht. Grundsätzlich wird aber das Recht des in zweiter Ehe verheirateten Partners, nach § 1356 BGB zu bestimmen, d...