Leitsatz

Zwei minderjährige Kinder aus einer geschiedenen Ehe verlangten von ihrem Vater höheren Kindesunterhalt im Wege der Abänderungsklage. Ihr ältester Bruder war nicht mehr unterhaltsberechtigt. Sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter waren wieder verheiratet. Die neue Ehefrau ihres Vaters war nicht erwerbstätig, betreute zwei in den Jahren 1990 und 1991 geborene Kinder aus einer früheren Beziehung und versorgte den Haushalt. Die minderjährigen Kinder begehrten höheren Unterhalt als tituliert mit der Begründung, die Unterhaltsverpflichtung ihres Vaters gegenüber seinem ältesten Sohn sei entfallen. Es stellte sich die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit der Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber seiner zweiten Ehefrau.

 

Sachverhalt

Zwei minderjährige Kinder aus der geschiedenen Ehe des Beklagten verlangten von ihm höheren Kindesunterhalt im Wege der Abänderungsklage. In dem vorausgegangenen Rechtsstreit war der Kindesvater verurteilt worden, an das ältere Kind monatlichen Unterhalt von 153,00 EUR und an das jüngere Kind solchen von monatlich 118,00 EUR zu zahlen.

Aus der Ehe des Beklagten und der Mutter der Kläger waren drei Kinder hervorgegangen, von denen das älteste Kind nicht mehr unterhaltsberechtigt war. Beide Elternteile waren wieder verheiratet, der Beklagte seit November 2002. Seine zweite Ehefrau war nicht erwerbstätig und betreute zwei in den Jahren 1990 und 1991 geborene Kinder aus einer früheren Beziehung und versorgte den Haushalt.

Die in den Jahren 1995 und 1996 geborenen Kläger lebten bei der ebenfalls wiederverheirateten Mutter, die über keine Einkünfte verfügte.

Die Kläger begehrte höheren Kindesunterhalt unter Hinweis darauf, dass eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber ihrem ältesten Bruder nicht mehr bestehe und im Übrigen die Unterhaltsbeträge der Düsseldorfer Tabelle gestiegen seien.

Der Beklagte trat dem Abänderungsbegehren seiner Kinder entgegen und vertrat die Auffassung, unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner zweiten Ehefrau sei er zur Zahlung höheren Kindesunterhalts als tituliert nicht in der Lage.

Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG dem Abänderungsbegehren der Kläger nur in geringem Umfang entsprochen.

Mit der zugelassenen Revision erstrebten die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BGH teilte die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach entgegen der Auffassung der Kläger auch die zweite Ehefrau des Beklagten zu den Unterhaltsberechtigten gehöre, die den minderjährigen Klägern nach § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB im Rang gleichstünden. Der jetzigen Ehefrau stehe ein Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB zu. Dem Grundgedanken dieser Bestimmung entspreche es, dass die Last des Familienunterhalts von beiden Ehegatten gemeinsam getragen werde. Auf welche Weise dabei jeder Ehegatte die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung zu erfüllen habe, bestimme sich nach der konkreten Aufgabenverteilung in der Ehe.

Diese Gestaltungsfreiheit gelte zwar grundsätzlich nur im Verhältnis der neuen Ehegatten zueinander und dürfe nicht zu Lasten minderjähriger Kinder aus einer früheren Ehe gehen. Allerdings finde die sog. Hausmann-Rechtsprechung des BGH im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil innerhalb der neuen Ehe kein Rollenwechsel vorgenommen worden sei. Die Pflicht aus § 1356 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach die Ehegatten bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit jeweils auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen hätten, gehe nicht soweit, dass der zweite Ehegatte seinerseits zugunsten der minderjähriger Kinder aus erster Ehe einer Erwerbstätigkeit nachgehen müsse, um seinen eigenen Barunterhaltsbedarf zu decken. Anderenfalls könne er seinen Beitrag zum Familienunterhalt durch die Haushaltsführung nicht mehr in vollem Umfang erfüllen.

Der BGH stimmte dem Berufungsgericht auch insoweit zu, als der dem Beklagten aufgrund seiner Wiederverheiratung zugute kommende Splittingvorteil beim Kindesunterhalt nicht außer Betracht gelassen werden könne. Dieser sei Bestandteil des zur Bemessung des Kindesunterhalts maßgeblichen Einkommens.

Die Leistungsfähigkeit des Beklagten bestimme sich nach § 1603 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB. Zu den zu berücksichtigenden Verpflichtungen des Beklagten gehöre auch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner jetzigen Ehefrau, die nicht über eigenes Einkommen verfüge. Der Beklagte schulde ihr deshalb gem. §§ 1360, 1360a BGB Familienunterhalt.

Der gleichrangig zu berücksichtigende Anspruch der Ehefrau des Beklagten auf Familienunterhalt lasse sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen, da er nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer laufenden Geldrente, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet sei, dass jeder von ihnen seinen Beit...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?