Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 532
Bei außergewöhnlich guten Einkommensverhältnissen bedarf es jedoch einer konkreten Bemessung des eheangemessenen Unterhalts. Von einer bestimmten Einkommenshöhe an ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Eheleute das zur Verfügung stehende Einkommen nicht vollständig dem Konsum widmen, sondern Vermögensbildung betreiben.
Da die Höhe des dem Konsum zugeführten Einkommens individuell sehr unterschiedlich sein kann, ist ab einer bestimmten Größenordnung eine konkrete Bedarfsberechnung, orientiert an den ehelichen Lebensverhältnissen, durchzuführen. Der Unterhaltsberechtigte muss seinen Bedarf im Einzelnen darlegen.
Nach der überwiegenden Anzahl der Leitlinien der Oberlandesgerichte in den Ziff. 15.3. ist dies der Fall, wenn das gemeinsame Einkommen das Zweifache der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt, derzeit also höher ist als 11.000 EUR.
Rz. 533
Nach der Entscheidung des BGH von 2017 sowie der Bestätigung aus dem Jahr 20121 bestehen in der Rechtsprechung und in der Orientierung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte keine unterschiedlichen Auffassungen darüber, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung vorgenommen werden sollte.
Es wird eine Orientierung entsprechend der Entscheidung des BGH an der sich nach der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gesamtentwicklung orientierenden Düsseldorfer Tabelle vorgenommen. Das Doppelte des jeweils geltenden Höchstbetrages, derzeit 11.000 EUR, stellt danach mit seinem hälftigen Anteil von 45 %, mithin 4.950 EUR, die Grenze zur konkreten Bedarfsberechnung dar.
Rz. 534
Üblicherweise heißt es in der jeweiligen Ziff. 15.3. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte:
Zitat
Der eheangemessene Unterhaltsbetrag kann bis zum höchsten, in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Betrag als Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Darüberhinaus kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.
Beispiel
M erzielt ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Monatsnettoeinkommen von 20.000 EUR. F macht Trennungsunterhalt geltend. Sie reklamiert für sich einen Bedarf von 6.000 EUR.
Diesen Bedarf kann sie wie folgt darlegen:
Alternative 1:
F legt dar, dass während der Ehe von den 20.000 EUR monatlich 6.000 EUR gespart wurden und der Rest von 14.000 EUR für die allgemeine Lebensführung verwendet worden ist.
Konkrete Bedarfsberechnung: (20.000 EUR – 6.000 EUR) x 45 % = 6.300 EUR.
Alternative 2:
F legt die einzelnen Positionen ihres Elementarbedarfs dar, z.B. für
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Wohnen → 2.000 EUR |
▪ |
Lebensmittel → 1.000 EUR |
▪ |
Friseur → 100 EUR |
▪ |
Autokosten → 700 EUR |
▪ |
Urlaub → 1.000 EUR |
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Kosmetik → 100 EUR |
▪ |
Kleidung → 1.000 EUR |
▪ |
Restaurantbesuche → 200 EUR |
▪ |
Kommunikation (Handy, Zeitung) → 200 EUR |
▪ |
Golf → 200 EUR |
gesamt → 6.500 EUR
Unterhaltsbegrenzung: 20.000 EUR x 45 % = 9.000 EUR.
Die geforderten 6.500 EUR liegen unter diesem Grenzbetrag.
Rz. 535
Der BGH hatte es gebilligt, eine konkrete Bemessung des Unterhaltsbedarfs dann zu verlangen, wenn dieser den Bedarf auf der Grundlage des Einkommens nach dem Doppelten der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle (derzeit 11.000) übersteigt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesamtbedarf des Berechtigten den Betrag von 4.950 EUR übersteigt.
Rz. 536
Bei einer konkreten Bedarfsbemessung sind alle zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards benötigten Lebenshaltungskosten konkret zu ermitteln. Dazu zählen u.a. die Aufwendungen für das
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Haushaltsgeld, |
▪ |
Wohnen, |
▪ |
Kleidung, |
▪ |
Geschenke, |
▪ |
Putzhilfe, |
▪ |
Reisen, |
▪ |
Urlaub, |
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sportliche Aktivitäten, |
▪ |
kulturelle Bedürfnisse, |
▪ |
Pkw-Nutzung, |
▪ |
Vorsorgeaufwendungen, |
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Versicherungen und |
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sonstige notwendige Lebenshaltungskosten. |
Rz. 537
Born hat zur Bestimmung konkreter Aufwendungen eine sehr ausführliche Checkliste wie folgt vorgeschlagen:
I. |
Essen und Trinken
1. |
Wöchentlicher Einkauf (Supermarkt) |
2. |
Restaurant, auswärtiges Essen |
3. |
Besonderer Mehrbedarf, z.B. Diät |
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II. |
Kleidung
4. |
Anschaffung und Reinigung von Oberbekleidung |
5. |
Unterwäsche |
6. |
Schuhe |
7. |
Mode |
8. |
Schmuck |
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III. |
Körperpflege
9. |
Friseur |
10. |
Kosmetik (Produkte, Studio) |
11. |
Parfüm |
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IV. |
Haushalt und Wohnen
12. |
Anschaffungen für Hausrat |
13. |
Zeitung |
14. |
Müllabfuhr |
15. |
Porto |
16. |
Telefon, Handy, PC |
17. |
TV und Radio (GEZ) |
18. |
Garage |
19. |
Miete und Nebenkosten (Heizung, Strom, Versicherung pp) |
20. |
Haustiere (Futter, Tierarzt, Versicherung) |
21. |
Instandhaltung, Reparaturaufwendungen |
22. |
Gärtner, Haushaltshilfe, Kindermädchen |
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V. |
Kultur und soziales Leben
23. |
Theater/Oper |
24. |
Kino |
25. |
Museum |
26. |
Bücher und Zeitschriften |
27. |
Kosten für Einladungen und Geschenke |
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VI. |
Sport und Freizeit
28. |
Mitgliedsbeiträge |
29. |
Trainerstunden |
30. |
Sportbekleidung (Anschaffung und Ersatz) |
31. |
Materialverbrauch |
32. |
Besondere Kosten (z.B. Turnier- und Meldegebühren) |
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VII. |
Urlaub
33. |
Reisekosten |
34. |
Kosten der Unterkunft |
35. |
Zusatzausgaben vor Ort |
36. |
Club-Gebühren |
37. |
Städte- und Kulturreisen |
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VIII. |
Kraftfahrzeug
38. |
Steuer und Versicherung |
39. |
Reparaturen und Inspektionen |
40. |
Ben... | |