Entscheidungsstichwort (Thema)
Hälftiges "Anreizsiebtel" bei konkreter Bedarfsberechnung
Verfahrensgang
AG Lüdenscheid (Urteil vom 24.07.2003; Aktenzeichen 5 F 547/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 24.7.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Lüdenscheid unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab dem 9.12.2003 einen monatlichen Elementarunterhalt von 1.585 Euro sowie einen monatlichen Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 445 Euro jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus zu zahlen.
Die Berufung des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Antragsteller 78 % und die Antragsgegnerin 22 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien, die am 18.5.1979 die Ehe miteinander geschlossen hatten, leben seit August 2000 räumlich getrennt, nachdem das Haus, in dem die Familie bis zu diesem Zeitpunkt wohnte, verkauft worden ist.
Aus der Ehe sind die Kinder M., geboren am 19.4.1980, A., geboren am 19.9.1986, und T., geboren am 22.7.1989, hervorgegangen.
Die älteste Tochter, die in M. studiert, erhält vom Antragsteller monatlichen Unterhalt i.H.v. 600 Euro.
Die jüngeren Kinder leben im Haushalt der Antragsgegnerin. Sie besuchen die Schule und erhalten vom Antragsteller monatlichen Unterhalt in Höhe von jeweils 461 Euro.
Der Antragsteller ist selbständiger Urologe. Zwischen den Parteien ist streitig, wie hoch das monatliche Einkommen des Antragstellers ist.
Die Antragsgegnerin ist seit Februar 2003 halbtags als Arbeitsvermittlerin beim Arbeitsamt I. tätig.
Die Ehe der Parteien wurde durch das insoweit nicht angefochtene Urteil des AG Lüdenscheid vom 24.7.2003 geschieden.
Die Antragsgegnerin hat in dem Ehescheidungsverfahren die Zahlung von nachehelichem Unterhalt geltend gemacht.
Sie hat behauptet, sie habe einen konkreten Bedarf in Höhe von mindestens 4.000 Euro. Den in der ersten Instanz geltend gemachten Unterhaltsanspruch hat sie hingegen nach der 3/7-Quote berechnet.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.577,65 Euro zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Unterhaltsantrag abzuweisen.
Der Antragsteller hat die Höhe des von der Antragsgegnerin geltend gemachten Bedarfs bestritten.
Hinsichtlich des Einkommens des Antragstellers hat das AG Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der B. GmbH. Das Gutachten stellt im Ergebnis vier Versionen dar, wie das unterhaltsrechtlich relevante Nettoeinkommen des Antragstellers berechnet werden könne:
Version I A legt sämtliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte zugrunde und bringt die tatsächliche Steuerbelastung in Abzug. Danach ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 5.837,86 Euro.
Version I B legt die Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte ohne die Einkünfte aus vermögensbildenden Vermietungsobjekten/Beteiligungen zugrunde, wobei die fiktiv errechnete Steuerbelastung in Abzug gebracht wurde. Danach ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 8.687,39 Euro.
Version II A stellt statt auf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf die Entnahmen ab und entspricht im Übrigen Version I A. Danach ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 4.779,32 Euro.
Version II B stellt ebenfalls auf die Entnahmen ab und entspricht im Übrigen Version I B. Es ergibt sich ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen i.H.v. 7.628,85 Euro.
Auf den Antrag der Antragsgegnerin wurde der Antragsteller durch Scheidungsverbundurteil des AG Lüdenscheid vom 24.7.2003 verurteilt, an die Antragsgegnerin monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.650 Euro ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen.
Der Bemessung dieses Unterhalts hat das AG ein Einkommen des Antragstellers i.H.v. 13.170 DM zugrunde gelegt. Dieser Betrag ergibt sich als Durchschnitt der Ergebnisse der oben genannten vier Berechnungsmethoden. Berücksichtigt wurden ferner ein eigenes Einkommen der Antragsgegnerin i.H.v. 2.000 DM und eine "Sättigungsgrenze" bezüglich eines Bedarfs i.H.v. 5.000 DM.
Das Urteil des AG ist hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit dem 9.12.2003 rechtskräftig (s. Rechtskraftvermerk, Bl. 446 d.A.).
Mit den Berufungen wenden sich beide Parteien gegen den Ausspruch hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts.
In ihrer Berufung beziffert die Antragsgegnerin ihren konkreten ...