Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Sättigungsgrenze
Rz. 1597
Für die Bedarfsbemessung des Ehegattenunterhaltes, sowohl des Trennungsunterhaltes als auch des nachehelichen Unterhaltes gibt es keine Obergrenze/Sättigungsgrenze.
Begrenzt wird ein solcher Bedarf bei sehr gehobenen Einkünften allerdings davon, was man unter Berücksichtigung hoher Ansprüche für einen billigenswerten Lebensbedarf sinnvoll ausgeben kann. Die Grenze liegt darin, dass Unterhalt nur zur Befriedigung des laufenden Lebensbedarfs verwendet werden darf, sich nicht jedoch der zusätzlichen Finanzierung einer Vermögensbildung öffnen darf.
Rz. 1598
Bei hohen Einkünften von Eheleuten ist regelmäßig davon auszugehen, dass nicht alle Mittel für die Kosten der Lebensführung verwendet werden, sondern ein Teil in die Vermögensbildung fließt. Dabei müssen sich die Einkünfte allerdings außerhalb eines sogenannten Normalbereichs halten. Ebenso wenig ist die Vermögensbildung bei eingeschränkten Einkommensverhältnissen anzunehmen.
Rz. 1599
Ab wann gehobene Einkommensverhältnisse beginnen, in denen zu prüfen ist, ob das Einkommen tatsächlich durch Konsumverhalten aufgezehrt worden ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.
Rz. 1600
Bei gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen bestehen aber Korrekturmöglichkeiten dahingehend, dass der Unterhaltsbedarf losgelöst vom tatsächlichen Einkommen konkret bemessen wird.
Der Halbteilungsgrundsatz ist bei der konkreten Bedarfsberechnung allerdings zu beachten. Bei einem während des Zusammenlebens verfügbaren Einkommen von ca. 5.500 EUR entspricht ein konkret mit 3.960 EUR bezifferter Bedarf nicht den ehelichen Lebensverhältnissen. Mangels einer plausiblen Darlegung verbleibt es bei einem Elementarbedarf von 2.200 EUR.
2. Konkrete Bedarfsberechnung
Rz. 1601
Bei außergewöhnlich guten Einkommensverhältnissen bedarf es jedoch einer konkreten Bemessung des eheangemessenen Unterhalts.
Rz. 1602
Von einer bestimmten Einkommenshöhe an ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Eheleute das zur Verfügung stehende Einkommen nicht vollständig dem Konsum widmen, sondern Vermögensbildung betreiben.
Rz. 1603
Da die Höhe des dem Konsum zugeführten Einkommens individuell sehr unterschiedlich sein kann, ist ab einer bestimmten Größenordnung eine konkrete Bedarfsberechnung, orientiert an den ehelichen Lebensverhältnissen, durchzuführen. Der Unterhaltsberechtigte muss seinen Bedarf im Einzelnen darlegen. Unterschiedliche Auffassungen bestehen in der Rechtsprechung und in der Orientierung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte darüber, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung vorgenommen werden sollte.
Praxishinweis
Der BGH orientiert sich dazu an der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle. Der jeweils geltende Höchstbetrag, früher 5.500 EUR, stellte nach einer früheren Entscheidung des BGH von 2010 mit seinem hälftigen Anteil, abzüglich 10 % Erwerbspauschale, mithin 2.475 EUR, die Grenze zur konkreten Bedarfsberechnung dar. Dies gilt heute nicht mehr!
Rz. 1604
Der BGH hat es in einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 gebilligt, eine konkrete Bemessung des Unterhaltsbedarfs erst dann zu verlangen, wenn dieser den Bedarf der Eheleute auf der Grundlage des Einkommens nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle um das Doppelte übersteigt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesamtbedarf des Berechtigten den Betrag von derzeit 4.950 EUR (45 % von 11.000 EUR) übersteigt.
Dies ist von den Leitlinien der einzelnen Oberlandesgerichte übernommen worden. So hatte das OLG Frankfurt/M. noch in den Leitlinien vom 1.1.2020 festgestellt:
Zitat
Ein eheangemessener Unterhaltsbedarf (Elementarunterhalt) kann bis zu einem Gesamtbedarf von 4.000 EUR als Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Ein darüberhinausgehender Bedarf auf Elementarunterhalt muss konkret dargelegt werden; eigenes Einkommen des bedürftigen Ehegatten ist hierauf ohne Abzug eines Erwerbstätigenbonus (BGH v. 10.11.2010 – XII ZR 197/08 = FamRZ 2011, 192, Tz. 24) anzurechnen. Obergrenze ist jedoch auch insoweit die unter Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes zu errechnende Unterhaltsquote unter Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus, wenn der Pflichtige sich unter Offenlegung seiner Einkommensverhältnisse darauf beruft. Die konkrete Darlegung des Bedarfs kann vom Berechtigten und Verpflichteten dadurch geschehen, dass die Höhe des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens sowie die hiervon betriebenen Aufwendungen zur Vermögensbildung dargelegt werden.
Sodann hat das auch das OLG Frankfurt/M. im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH in seinen Leitlinien die quotale Berechnung bis zum Betrag von 4.950 EUR (45 % von 11.000 EUR zugelassen.
Das OLG Köln nimmt in seinen Leitlinien einen Beispielsfall an wie folgt:
Zitat
Macht der Unterhaltsberechtigte – vor Abzug seines eigenen Einkommens ...