Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Normzweck, Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 1320
§ 1574 Abs. 3 BGB normiert die Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, soweit dies zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist. Dabei muss ein erfolgreicher Abschluss zu erwarten sein. An die Stelle der ansonsten bestehenden Erwerbsobliegenheit tritt die Ausbildungsobliegenheit.
Diese Obliegenheit unterscheidet den Sachverhalt vom Anspruch auf Ausbildung nach § 1575 BGB.
Rz. 1321
Folgt der Berechtigte der Ausbildungsobliegenheit gem. § 1574 Abs. 3 BGB, steht ihm gem. § 1573 Abs. 1 BGB für die Dauer der Ausbildung ein Anspruch auf Unterhalt zu.
Der einschränkende Wortlaut des § 1574 Abs. 3 BGB, wonach die Ausbildung zu einer angemessenen Erwerbsmöglichkeit führen muss, grenzt sinnvolle Ausbildung von Ausbildungen "zum Vergnügen" ab.
Ausbildungsunterhalt ist danach unter folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
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Erforderlichkeit der Ausbildung zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit |
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Erwartung eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses |
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Realistische Chance einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach Ausbildungsabschluss. |
a) Erforderlichkeit der Ausbildung
Rz. 1322
Die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung muss erforderlich sein, um eine angemessene Erwerbstätigkeit erlangen zu können. Dies ist dann der Fall, wenn der Berechtigte derzeit keine angemessene Tätigkeit ausüben kann und auch nicht in der Lage ist, nach dem gegenwärtigen Ausbildungsstand eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden.
Rz. 1323
Daran fehlt es, wenn dem Betroffenen nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine nicht weiter qualifizierte Tätigkeit zumutbar ist.
Daran fehlt es auch dann, wenn der Berechtigte zwar eine angemessene Tätigkeit ausübt, das Einkommen aber nicht den vollen Unterhalt deckt. In solchen Fällen steht dem Berechtigten ein ergänzender Aufstockungsunterhaltsanspruch zu, § 1573 Abs. 2 BGB.
Rz. 1324
Der Bedürftige kann die erforderliche Ausbildung selbst wählen. Er muss jedoch auf die Belange der Unterhaltspflichtigen Rücksicht nehmen und unter mehrere Möglichkeiten die zeit- und kostengünstigste Möglichkeit wählen. Der Unterhaltsschuldner ist wegen der notwendigen Rücksichtnahme des Gläubigers auch nicht verpflichtet, ein "zur Erbauung" aufgenommenes Studium zu finanzieren.
Nur in außergewöhnlichen Ausnahmefällen können besonders aufwändige Ausbildungen finanziert werden. Liegen Gründe hierfür nicht vor, muss eine möglichst kurze und kostengünstige Ausbildung gewählt werden.
b) Erwartung eines erfolgreichen Ausbildungsabschlusses
Rz. 1325
Ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung muss zu erwarten sein.
Es ist daher zu prüfen, ob der Anspruchsteller für die Ausbildung und die damit angestrebte Tätigkeit geeignet ist, und zwar nach seiner
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subjektiven Eignung, |
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Einsatzbereitschaft, |
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Alter, |
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Gesundheitszustand und |
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der notwendigen Vor- bzw. Ausbildung. |
Diese Prognose über einen positiven Abschluss der Ausbildung ist zu jeder Zeit der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung ggfls. neu zu beurteilen. Dem Unterhaltsverpflichteten steht daher periodisch, abhängig vom Einzelfall, in der Regel alle sechs Monate ein Auskunftsanspruch hinsichtlich des Ausbildungsfortschrittes zu.
c) Chance angemessener Erwerbstätigkeit
Rz. 1326
Über die Prognosen hinsichtlich des Abschlusses der Ausbildung hinaus ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt und hinsichtlich der Persönlichkeit des Berechtigten eine realistische Chance darauf besteht, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden. Objektiv muss auf dem Arbeitsmarkt ein Bedarf an Arbeitskräften in dem in Betracht kommenden Bereich vorhanden sein. Eine Prognose in diesem Bereich ist bei Antragstellung durchzuführen.
Namentlich das evtl. zu hohe Alter des Berechtigten zum Zeitpunkt des Ausbildungsendes kann aber dazu führen, dass eine Erwerbschance zu verneinen ist. Eine Ausbildung, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres endet, wird danach in der Regel nicht mehr sinnvoll sein.
2. Umfang der Ausbildungsobliegenheit
Rz. 1327
Die Ausbildungsobliegenheit beginnt spätestens mit der Scheidung oder mit dem Ende eines Unterhaltsanspruchs nach §§ 1570–1572 BGB, § 1573 Abs. 3 BGB.
Über einen grundsätzlich bestehenden Unterhaltsanspruch bei Getrenntleben gem. § 1361 BGB kann die Obliegenheit bereits früher einsetzen.
Rz. 1328
Kommt der Bedürftige der Ausbildungsobliegenheit schuldhaft nicht nach, hat er seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt im Sinne des § 1579 Nr. 4 BGB. Damit erlischt sein Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1, Abs. 3 BGB ebenso wie sein Ausbildungsanspruch.
Rz. 1329
Wird die Ausbildung nicht mit der erforderlichen Zielstrebigkeit betrieben oder nicht innerhalb der üblichen, durchsc...