Rz. 211
Bei grober Fahrlässigkeit ist der Versicherer berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen (A.2.16 AKB 2015). Diese Regelung entspricht dem Gesetzeswortlaut in § 81 Abs. 2 VVG.
Rz. 212
Da es sich bei der groben Fahrlässigkeit um einen subjektiven Risikoausschluss handelt, trägt der Versicherer die Beweislast für die Schwere der Schuld und für den Umfang der Leistungskürzung.[320]
Rz. 213
Es ist davon auszugehen, dass die Versicherer im Regelfall die Hälfte der Entschädigungsleistung erbringen werden. Es sind aber auch Kürzungen bis auf Null ebenso denkbar wie eine vollständige Schadenregulierung, wenn die grobe Fahrlässigkeit sich im Randbereich der einfachen Fahrlässigkeit bewegt.[321]
Rz. 214
§ 81 Abs. 2 VVG entspricht der Regelung in der Schweiz (Art. 14 Abs. 2 Schweizer VVG), dort bewegen sich die Kürzungen bei grober Fahrlässigkeit in einem Bereich von 30 %, lediglich bei grober Fahrlässigkeit in Folge Trunkenheit werden höhere Kürzungen vorgenommen.
Rz. 215
Es ist davon auszugehen, dass in der Rechtsprechung auf Dauer durch Kasuistik eine Tabelle entwickelt wird, wie es sie bereits zu Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen und zum Schmerzensgeld gibt.
Rz. 216
Der 47. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar hat einen "Goslarer Orientierungsrahmen" verabschiedet.[322] In dieser Empfehlung des Deutschen Verkehrsgerichtstages wird bei relativer Fahruntüchtigkeit ab 0,5 Promille eine Kürzungsquote von 50 % empfohlen, bei absoluter Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille eine Null-Quote. Für die Missachtung des Rotlichts soll eine generelle Kürzung um 50 % vorgenommen werden und bei Missachtung eines Stoppschildes eine Kürzung um 25 %.
Rz. 217
Beim Zusammentreffen von grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles und einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung dürfen die Quoten nicht addiert werden, vielmehr ist die wegen grober Fahrlässigkeit ermittelte Quote dann noch um die entsprechende Quote wegen Obliegenheitsverletzung zu kürzen.
Rz. 218
Das Verhalten des Versicherungsnehmers, das zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles führt, liegt im Regelfall vor Eintritt des Versicherungsfalles und dürfte daher den Obliegenheitsverletzungen vor Eintritt des Versicherungsfalles gleichzusetzen sein. Hier verbietet sich eine Quotenkonsumption.
Beispiel
Der Versicherungsnehmer begeht einen schwerwiegenden Rotlichtverstoß und anschließend Unfallflucht. Wenn der Rotlichtverstoß zu einer Quotierung von 50 % führt und die anschließende Quote für die Unfallflucht mit 50 % ermittelt wird, erhält der Versicherungsnehmer 25 % der vertraglichen Leistung.
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