Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 140
Aufgrund welcher Erkrankung der Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist, ist für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht von Belang. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers geht insoweit dem Informationsinteresse des Arbeitgebers vor. Allerdings muss der Arbeitgeber nicht nur die Persönlichkeitsrechte des bereits erkrankten Arbeitnehmers beachten bzw. schützen, sondern z.B. im Fall ansteckender, schwerwiegender Erkrankungen auch die Persönlichkeitsrechte einschließlich der körperlichen Unversehrtheit seiner weiteren Arbeitnehmer. In diesem Fall kann der Arbeitgeber daher von dem erkrankten Arbeitnehmer Informationen über die Erkrankung einfordern bzw. ist der Arbeitnehmer von sich aus verpflichtet, den Arbeitgeber hierüber zu informieren.
Rz. 141
Zu erwägen ist, im Vertrag eine erweiterte Informationspflicht des Arbeitnehmers auch für die Fälle vorzusehen, die zu einem Entfall der Entgeltfortzahlungspflicht gem. § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG führen können. Dies sollte jedoch wohl abgewogen werden, kann dies doch als grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Arbeitnehmer aufgefasst werden. Zudem bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, über die gesetzliche Krankenversicherung und gegebenenfalls den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung überprüfen zu lassen, vgl. § 275 SGB V. Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern besteht diese Möglichkeit allerdings nicht.
Rz. 142
Der ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt eine tatsächliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass der Arbeitnehmer infolge Krankheit arbeitsunfähig ist. Will der Arbeitgeber etwa aufgrund der Annahme, dass eine Fortsetzungserkrankung vorliegt, die Entgeltfortzahlung einstellen, hat er eine abgestufte Darlegungs- und Beweislastverteilung zu beachten. Der Arbeitnehmer hat zunächst die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit an sich sowie deren Beginn und Ende, wofür er sich grundsätzlich auf eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stützen kann. Die Folgen einer Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung hat hingegen der Arbeitgeber zu tragen. Allerdings muss der Arbeitnehmer zur Widerlegung der arbeitgeberseitigen Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs zwischen verschiedenen Erkrankungszeiträumen detailliert seine Erkrankungen darlegen. Dies stellt eine Herausforderung für den Arbeitnehmer dar, muss er doch gegenüber dem Arbeitgeber sehr private Informationen offenlegen.