Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 168
Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften, die das Thema der Nebentätigkeit von Arbeitnehmern ausdrücklich und unmittelbar regeln. Eine Ausnahme stellt allenfalls § 60 HGB dar, auch wenn hier keine ausdrückliche Vorschrift zur Nebentätigkeit an sich enthalten ist, sondern ein gesetzliches Wettbewerbsverbot, m.a.W. also das Verbot des Sonderfalls einer (konkurrierenden) Nebentätigkeit. Dieses spezielle gesetzliche Nebentätigkeits- bzw. Wettbewerbsverbot richtet sich im Übrigen entgegen des eingeschränkten Wortlauts nicht nur an Handlungsgehilfen, sondern findet auch in allen anderen Arbeitsverhältnissen und Ausbildungsverhältnissen Anwendung; dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber ein Freiberufler ist.
Rz. 169
Unabhängig von derartigen Wettbewerbsszenarien sind im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten vor allem zwei Aspekte zu beachten, die insoweit den gesetzlichen Rahmen vorgeben: Zum einen die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG (die eine Nebentätigkeit grundsätzlich erlaubt), zum anderen zulässige Einschränkungen dieser Berufsfreiheit aufgrund berechtigter Interessen des Arbeitgebers (die partielle Nebentätigkeitsverbote grundsätzlich ermöglichen). Das Grundrecht auf Berufsfreiheit lässt sich – dies gilt aufgrund der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte fast schon selbstredend – nicht durch Arbeitsvertrag ausschließen, sodass Klauseln, die jede Nebentätigkeit von vorneherein ausnahmslos verbieten, unwirksam sind. Was die berechtigten Interessen des Arbeitgebers angeht, liefern vor allem § 241 Abs. 2 BGB, § 3 S. 1 ArbZG und § 8 BUrlG gesetzliche Referenzen, die den Rahmen zulässiger Einschränkungen von Nebentätigkeiten abstecken, in etwa wenn diese aufgrund des bestehenden Treueverhältnisses bzw. der entsprechenden Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers auf die Interessen des Arbeitgebers geboten sind, insbesondere wenn Beeinträchtigungen des Hauptarbeitsverhältnisses drohen (§ 241 Abs. 2 BGB) oder wenn hierdurch Verstöße gegen die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (§ 3 S. 1 ArbZG) bzw. dem Erholungszweck wiedersprechende Nebentätigkeiten während des Urlaubs vermieden werden sollen (§ 8 BUrlG).
Rz. 170
Abgesehen von den genannten Fallgruppen kommt in Einzelfällen auch ein sonstiges berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, das eine zulässige Einschränkung von Nebentätigkeiten rechtfertigen kann, in Betracht, bedarf aber einer entsprechenden Rechtfertigung. Diese engen Grenzen gelten allerdings nur für die Möglichkeiten einer Einschränkung von Nebentätigkeiten in der Sache, nicht aber für eine schlichte Anzeigepflicht des Arbeitnehmers, die den Arbeitgeber zunächst einmal in die Lage versetzt, überhaupt beurteilen zu können, ob eine zulässige Nebentätigkeitsbeschränkung im konkreten Fall in Betracht kommt. In der Praxis hat sich hierbei die zuerst genannte Fallgruppe einer etwaigen Beeinträchtigung des Hauptarbeitsverhältnisses als besonders bedeutend herausgestellt, zu der sich mittlerweile eine umfassende Kasuistik zulässiger und unzulässiger Nebentätigkeiten herausgebildet hat.
Rz. 171
Zudem treten gerichtliche Auseinandersetzungen über Nebentätigkeitsverbote zumeist in Wettbewerbsszenarien auf, wobei der Schwerpunkt dann in aller Regel auf diesem Wettbewerbsaspekt einschließlich möglicher Ansprüche auf Unterlassung oder auf Zahlung einer Vertragsstrafe und/oder eines Schadensersatzes liegt (vgl. hierzu Rdn 192 ff.). Parallele Verstöße gegen Nebentätigkeitsverbote spielen in derartigen Auseinandersetzungen dann zumeist nur eine untergeordnete Rolle.