Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 359
Innerbetriebliche Mediation ist ein Instrument der Konfliktlösung, das in modernen Unternehmen immer häufiger eingesetzt wird. Gerade das Arbeitsrecht eröffnet bei Durchführung einer erfolgreichen Mediation die besondere Chance, ohne Rücksicht auf Ansprüche des Einzelnen, auf Positionen und Rechtslagen und ohne Rechtsanwendung den Konflikt nachhaltig und umfassend beizulegen, um so für beide Seiten ein zukunftsgerichtetes und positives Ergebnis zu erlangen (Win-Win-Situation). Eine Mediation spart in der Regel nicht nur Zeit und Geld, sondern kann Konflikte nachhaltig und vor allem unter Ausschluss der Öffentlichkeit lösen. Deshalb eröffnet das Mediationsverfahren weitreichende und sinnvolle Möglichkeiten zur Beilegung von Konflikten im laufenden Arbeitsverhältnis. Am 26.7.2012 ist das auf einer Richtlinie beruhende Mediationsgesetz in Kraft getreten. Es definiert die Mediation in § 1 Abs. 1 MediationsG als "vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben". Dies gewährleistet, dass die Parteien Herren des Verfahrens bleiben und alle relevanten Themen – auch auf der Beziehungsebene – zum Gegenstand des Mediationsverfahrens machen können. Im arbeitsrechtlichen Kontext hat dies den Vorteil, dass das Verhältnis der Parteien zueinander und deren Umgang miteinander thematisiert werden können. Dieser Klärungsprozess hat meist starke Auswirkungen auf die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten.
Rz. 360
Der Mediator ist dabei gem. § 1 Abs. 2 MediationsG "eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt". Die Mediation dient einer umfassenden Konfliktlösung. Konflikt muss eben nicht nur ein Rechtsstreit zwischen mehreren Parteien, sondern kann ebenso ein Streit über eine erst zu findende Regelung einer Angelegenheit sein. Der Mediator fördert auf dieser Basis die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass diese in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden werden.
Rz. 361
Im Sinne des dem Vertragsrecht immanenten Grundsatzes pacta sunt servanda, können Mediationsverhandlungen helfen, Verträge aufrecht zu erhalten und beispielsweise Kündigungen zu vermeiden. Im Gegensatz zu einer Gerichtsverhandlung versucht eine Mediation eine Win-Win-Situation zu erzielen; sie fragt nach dem im Hintergrund bestehenden Konflikt und den Interessen der Parteien. Auf diese Weise können abseits der Gerichtsverhandlung individuellere und befriedigendere Lösungen gefunden werden. War bisher die Kündigung ultima ratio zur Beendigung von arbeitsrechtlichen Konflikten, so kann die Mediation diese Konflikte lösen und damit präventiv Kündigungen vermeiden, woran Arbeitgeber insbesondere mit Blick auf Leistungsträger und Fachkräfte ein großes Interesse haben. Arbeitnehmer, insbesondere sog. Millennials, setzen eine moderne Konfliktkultur in Unternehmen voraus, um zukunftsgerichtet bestehende Konflikte nachhaltig zu lösen.
Rz. 362
Der Mediator ist gem. § 4 MediationsG zur Vertraulichkeit verpflichtet und es ist üblich und sinnvoll, dass sich die Medianten in einer Mediationsvereinbarung ebenfalls Vertraulichkeit zusichern. Dies fördert die Offenheit der Parteien im Verfahren und bedeutet, dass in der Mediation zur Kenntnis gelangte Informationen nicht gegen eine Partei verwendet werden können. Die Vertraulichkeitsvereinbarung der Medianten kann sich auch aus der Mediationsklausel selbst ergeben.
Rz. 363
Ein weiteres wesentliches Merkmal der Mediation ist die Freiwilligkeit, vgl. § 2 Abs. 5 MediationsG. Der Mediator fördert auf dieser Basis die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass diese in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden werden. Die Parteien können die Mediation jederzeit beenden. Auch der Mediator kann die Mediation beenden, wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist.
Rz. 364
Sofern es zu einer Einigung der Parteien kommt, wirkt der Mediator darauf hin, dass die Parteien eine treffende Vereinbarung genau prüfen und dass die erzielte Einigung und die Zustimmung der Parteien in einer Abschlussvereinbarung dokumentiert werden.
Die Mediation ist dabei vom Streitgegenstand losgelöst. Sie ist also nicht auf die Klärung konkreter Einzelfälle beschränkt, sondern kann eine verfahrene Situation im Allgemeinen lösen. Der Schlichtungsgegenstand wird nicht durch das Gesetz, sondern allein durch die Parteien bestimmt. Bei der Mediation geht es also nicht darum, einen Sieger und einen Verlierer auszumachen, sondern zu einer Win-Win-Situation zu gelangen. Insoweit ist die Mediation zukunftsorientiert, da sie Konflikte wirklich umfassend lösen will. Das ist ein großer Vorteil gegenüber der herkömmlichen gerichtlichen Streitbeilegung. Diese ist nämlich stets vergangen...