Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 27
Für Regelungen zu Dauer und Lage der Arbeitszeit sowie Klauseln zur Anordnung von Überstunden und Kurzarbeit ist auf Folgendes hinzuweisen:
1. Lage und Dauer der Arbeitszeit
Rz. 28
Regelungen zur Dauer der Arbeitszeit sind im Grundsatz Hauptleistungsabrede und unterliegen infolgedessen keiner Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Aus Sicht der gleichwohl gebotenen Transparenzkontrolle sind Regelungen über eine starre, zum Beispiel wöchentliche Arbeitszeit unkritisch. Probleme ergeben sich erst dann, wenn die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit flexibilisiert werden soll.
Rz. 29
Regelungen zur Lage der Arbeitszeit unterbleiben in Arbeitsverträgen häufig vollständig, da das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO nicht eingeschränkt werden soll. Möchten die Vertragsparteien dennoch eine Regelung treffen und hierbei das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO uneingeschränkt lassen, kann etwa wie folgt formuliert werden: "Die Lage der Arbeitszeit und der Pausen bestimmt die Arbeitgeberin nach billigem Ermessen gemäß § 106 GewO." Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG sind vereinbarte Ruhepausen in der (ggf. ergänzenden) Niederschrift zu benennen. Aus Arbeitgebersicht ist hierbei darauf zu achten, sich das Weisungsrecht zur Lage der Pausen nicht abzuschneiden.
2. Überstunden
Rz. 30
Unter welchen Voraussetzungen Klauseln zur Anordnung von Mehrarbeit einer AGB-Kontrolle standhalten, ist spätestens seit einer Entscheidung des BAG vom 22.2.2012 heiß umstritten. In dieser Entscheidung lässt das BAG zunächst offen, ob eine Anordnungsbefugnis – dort mit einer Abgeltungsklausel kombiniert – als Hauptleistungsabrede zu erachten ist, die keiner Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB unterliegt. Im Rahmen der Transparenzkontrolle des § 307 Abs. 1 BGB lässt das Gericht dann beiläufig anklingen, dass eine Klausel, die die Anordnung von Überstunden abstrakt an "betriebliche Erfordernisse" anknüpft, "vage" sei. Auch sei in der spezifischen Klausel der Umfang der anordenbaren Überstunden nicht bestimmt. Vor diesem Hintergrund erachtet das BAG die Klausel als intransparent und somit gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam.
Rz. 31
Für vorformulierte Anordnungsbefugnisse heißt das Folgendes: Zunächst ist (auch) in die Klausel zur Anordnungsbefugnis eine Höchstgrenze der abrufbaren Überstunden aufzunehmen. Da es um Transparenz der Anordnungsbefugnis geht, genügt ein Hinweis, wonach Überstunden bis zu den gesetzlichen Höchstarbeitszeiten abgerufen werden können. Eine weitergehende Einschränkung auf ein Stundenkontingent (etwa von plus 25 % der regelmäßigen Wochenarbeitszeit) diskutiert das Gericht nicht. Das wäre eine Frage der Angemessenheitskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB gewesen, mit der sich das Gericht nicht befasst hat.
Im Ergebnis bedarf es eines solchen Stundenkontingents auch nicht. Zunächst ist zu überlegen, ob eine Anordnungsbefugnis überhaupt der Angemessenheitskontrolle unterliegt oder ob sie Teil der Hauptleistungsabrede ist. Denn wenn eine Regelung zur Abgeltung von Überstunden als Vergütungsabrede keiner Angemessenheitskontrolle zu unterziehen ist, so liegt es nahe, das auch auf ihr Pendant, die Regelung des Umfangs der abrufbaren Arbeitszeit mitsamt deren Voraussetzungen, zu übertragen. Auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des BAG dürfte das indes nicht liegen. Diese erachtet einseitige Leistungsbestimmungsrechte zur Dauer der Arbeitszeit bislang als insoweit kontrollfähige Nebenabrede. Aber auch im Rahmen der Angemessenheitskontrolle dürfte kein Stundenkontingent zu fordern sein. Hiergegen streiten die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis. Das gilt gerade für Überstunden, die sich von anderen Formen der Arbeitszeitflexibilisierung, etwa der Arbeit auf Abruf, dadurch unterscheiden, dass sie nicht nur vorübergehend, sondern auch ungeplant und unvorhergesehen anfallen. Dann lässt sich aber auch der Rahmen nicht vorab bestimmen, innerhalb dessen Überstunden anfallen. Die äußere Grenze bildet der Arbeitszeitschutz; darüber hinaus unterliegt die Anordnung von Überstunden im Einzelfall einer Billigkeitskontrolle am Maßstab des § 315 BGB. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht notwendig, zwischen Teilzeit- und Vollzeitverhältnissen zu unterscheiden.
Rz. 32
Ob angesichts der Entscheidung des BAG vom 22.2.2012 näher konkretisiert werden muss, bei welchen "betrieblichen Erfordernissen" Überstunden angeordnet werden können, ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. Die Entscheidung gibt tatsächlich Anlass zu einer solchen Vermutung; im Ergebnis ist sie aber schlicht nicht klar formuliert. Darüber hinaus definieren sich Überstunden – wie erwähnt – gerade darüber, ungeplant und unvorhergesehen zu sein. Dann dürfte es aber kaum gelingen, die Anlässe für Überstunden verlässlich zu konkretisieren, insbesondere wenn man nicht die eine Generalkl...