Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 185
Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass Regelungen zu Vertragsstrafen in formularmäßigen Arbeitsverträgen trotz § 309 Nr. 6 BGB grundsätzlich zulässig sind. Zwar ordnet die genannte Vorschrift an, dass eine Bestimmung, durch die dem Verwender beispielsweise für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird, unwirksam ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG folgt die Zulässigkeit von Vertragsstrafenregelungen gleichwohl aus der nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB gebotenen Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten, vor allem den fehlenden Vollstreckungsmöglichkeiten des Primäranspruchs des Arbeitgebers auf Erbringung der Arbeitsleitung des Arbeitnehmers gemäß § 888 Abs. 3 ZPO. Dennoch sind mit Blick auf die Wirksamkeit von Vertragsstrafenabreden die AGB-rechtlichen Vorgaben insbesondere aus § 307 BGB zu beachten, wobei die Rechtsprechung in der jüngeren Vergangenheit einen recht strengen Maßstab entwickelt hat, was sowohl hinsichtlich der Tatbestände gilt, die eine Vertragsstrafe auslösen sollen, als auch hinsichtlich der Höhe einer vereinbarten Vertragsstrafe.
1. Form: Eigene Überschrift und Fettdruck (§ 305c BGB)?
Rz. 186
Was die Form angeht, ist es zunächst empfehlenswert, eine Vertragsstrafenregelung im Rahmen eines Arbeitsvertrags durch Fettdruck hervorzuheben. Die Instanzrechtsprechung geht zwar in Teilen davon aus, dass für den Fall, dass der Vertragstext ein einheitliches Schriftbild und keinerlei Hervorhebungen enthält, auch eine Vertragsstrafenregelung nicht als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB gelten soll. Gleichwohl ist mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zu empfehlen, eine Vertragsstrafenregelung klar abzuheben, d.h. zumindest durch eine eigene Überschrift, idealerweise aber durch eine entsprechende Hervorhebung, z.B. in Fettdruck.
2. Definition der vertragsstrafenbewährten Pflichtverletzungen
Rz. 187
In Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen ist zunächst zu berücksichtigen, dass sog. globale Vertragsstrafevereinbarungen, die mit anderen Worten ohne eine konkrete Definition der eine Vertragsstrafe auslösenden Pflichtverstöße auskommen (bspw. bei "jedem vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers"), wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam sind. Was die Definition derartiger Pflichtverstöße angeht, haben sich mit Blick auf die Interessenlagen, die etablierte Vertragspraxis und auch die durch die Rechtsprechung insoweit definierten Grenzen vor allem drei Tatbestände herausgebildet, die eine Vertragsstrafe im Einzelfall rechtfertigen sollen: (1) Die Nichtaufnahme der Arbeit bzw. die verspätete Aufnahme der Arbeit, (2) eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers ohne wichtigen Grund i.S.v. § 626 BGB und (3) eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers mit wichtigem Grund.
Rz. 188
Darüber hinaus steht auch einer Kombination der genannten Möglichkeiten im Grundsatz nichts entgegen, denn selbst die Unwirksamkeit einer Teilregelung würde nicht automatisch auch die anderen Regelungen der Klauseln erfassen, soweit diese nach den Maßgaben des sog. Blue-pencil-Tests herausgestrichen werden kann und der Rest der Klausel insoweit verständlich bleibt.
3. Höhe der Vertragsstrafe
Rz. 189
Was die Höhe der Vertragsstrafe angeht, ist von besonderer Bedeutung, dass eine zu hohe Vertragsstrafe wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht dazu führt, dass die Vertragsstrafenregelung gemäß § 343 BGB auf ein angemessenes Maß reduziert wird. Sie ist vielmehr wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion unwirksam.
Rz. 190
Gleichwohl zeigt ein Blick auf die einschlägige Rechtsprechung, dass keinerlei generelle Referenzen zu Höchstgrenzen für arbeitsvertraglich vereinbarte Vertragsstrafen bestehen, in der Regel wird ein Monatsgehalt jedoch als Maßstab für geeignet erachtet. Im Fall des Nichtantritts oder bei Lösung des Arbeitsverhältnisses darf die Vertragsstrafe allerdings nicht höher sein als das Arbeitsentgelt, welches der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeit bis zu ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlen würde. Im Übrigen ist zu empfehlen, auf die monatliche Bruttogrundvergütung abzustellen, denn nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg kann die Höhe der Vertragsstrafe nicht nach einer Bruttomonatsvergütung gemessen werden, wenn sich die Vergütung aus einem Festgehalt und einer variablen Umsatzbeteiligung – ...