Rz. 227
Tritt eine ausländische Gesellschaft selbst im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr oder mit einer unselbstständigen Betriebsstätte bzw. Verkaufsstelle im Inland auf, kann sie grds. ihre nach dem anwendbaren ausländischen Recht zulässige Firma auch dann führen, wenn sie hier anders gebildet werden müsste. In diesen Fällen gelangen die unterschiedlichen Theorien zum Gesellschaftsstatut zum gleichen Ergebnis, da sich der Verwaltungssitz und der Satzungssitz im gleichen (Aus-)Land befinden. Grenzen des freien Gebrauchs der ausländischen Firma folgen nach bisher h.M. über Art. 6 EGBGB (ordre public) u.a. aus dem Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit und dem Irreführungsverbot. Auch eine im Ausland eingetragene Firma muss im Inland so geführt werden, dass sie nicht irreführt. Eine vollständige Übersetzung des verwendeten ausländischen Firmennamens einschließlich des Rechtsformzusatzes in die deutsche Sprache ist daher unzulässig, da dies den Eindruck eines nach deutschem Recht gegründeten Unternehmens und damit eine verkehrswesentliche Irreführung begründen würde.
Diese Aussage kann so umfassend aber nicht mehr für Firmen aus EU-Staaten gelten. I.R.d. Niederlassungsfreiheit muss das deutsche Firmenrecht eventuelle großzügigere Firmenbildungsregelungen im Gründungsausland akzeptieren, was zu einer Inländerdiskriminierung führen kann. Die früheren, engen Vorgaben zur Firmenbildung, insb. beim Einzelkaufmann (§ 18 HGB a.F.) und den Personenhandelsgesellschaften (§ 19 HGB a.F.), sind im deutschen Firmenrecht durch die Handelsrechtsreform aufgegeben worden, sodass diesbezüglich kein Konflikt mehr mit dem einschlägigen ausländischen Firmenrecht droht. Die Kriterien des § 18 Abs. 1 HGB n.F. (Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft) können aber die Anforderungen an die ausländische Firma nach ihrem Heimatrecht nicht überlagern, weil dies eine unzulässige Einschränkung der Freizügigkeit darstellen würde.
Rz. 228
Aufgrund der seit 1998 auch im deutschen Firmenrecht liberaleren Neufassung des § 18 Abs. 2 HGB zur Irreführungsgefahr wird dessen Berücksichtigung auch im Lichte der neuen EuGH-Rspr. für unproblematisch gehalten. Eine Argumentation in der Lit., dass der Grundsatz der Firmenwahrheit heute zumindest ansatzweise in allen EU-Staaten existiert und damit europäischem Standard entspricht, führt nur praktisch dazu, dass auch Firmen aus dem europäischen Ausland ihn in gewissen Grenzen beachten müssen. Nur Firmen aus nichteuropäischen Ländern ggü. kann dieser Grundsatz deshalb als "wesentlich" i.S.d. Art. 6 EGBGB einzuordnen sein und damit eine Überlagerung durch das deutsche Recht begründen. Bei Unternehmen aus europäischen Ländern wird die Firmierung mit ihrer im Gründungsland zulässigen Firma zusätzlich durch die Niederlassungsfreiheit geschützt. Genau genommen muss also zunächst allgemein die Zulässigkeit einer ausländischen Firma nach dem einschlägigen ausländischen Recht geprüft werden. Danach muss je nach Mutterland gesondert überprüft werden, ob die Firma irreführend beim Gebrauch in Deutschland ist, und ob diese Irreführung den Firmengebrauch im Inland unzulässig macht. Zu bedenken ist allerdings auch, dass der Gebrauch der ausländischen Firma jedenfalls deutschem Wettbewerbsrecht unterliegt. Daher kann ein Unternehmen wegen einer über geschäftliche Verhältnisse täuschenden Firma gem. § 5 UWG in Deutschland auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das deutsche Registergericht kann aber regelmäßig nicht nach § 37 Abs. 1 HGB vorgehen, wenn die ausländische Firma nach dem auf sie anwendbaren Firmenrecht zulässig ist.
Die konkrete Unterscheidbarkeit nach § 30 HGB muss wegen der Anknüpfung an das Recht des Gebrauchsortes auch von europäischen ausländischen Firmen beachtet werden. Jedenfalls steht einer deutschen prioritätsälteren Firma gegen eine verwechslungsfähige, prioritätsjüngere Firma aus § 5 MarkenG ein Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch zu, auch wenn diese aus dem europäischen Ausland kommt.
Rz. 229
Teilweise geht die Lit. davon aus, dass auch eine ausländische Gesellschaft einen Rechtsformzusatz i.S.d. § 19 Abs. 1 HGB führen muss. Dies kann sich naturgemäß nur auf den entsprechenden ausländischen Rechtsformzusatz beziehen, da die Verwendung eines deutschen Zusatzes bei der ausländischen Gesellschaft unrichtig wäre. Die Marktteilnehmer können die gängigen ausländischen Rechtsformzusätze von den deutschen, so insb. die Buchstabenkombination "Ltd." von der Buchstabenkombination "GmbH", durchaus unterscheiden.
Rz. 230
Problematisch ist jedoch, wenn der verwendete ausländische Rechtsformzusatz mit einem deutschen nach § 19 Abs. 1 HGB verwechselt werden kann. Dies soll insb. gelten, soweit zwischen dem Firmenstatut und dem inländischen Recht wesentliche Unterschiede, bspw. hinsichtlich einer gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalausstattung bestehen. Zur Klarstellung könnte man einen Hinweis auf das Grü...