Rz. 217
Die Zweigniederlassung nimmt eine Art Zwitterstellung ein zwischen dem Betrieb einer zweiten Hauptniederlassung durch denselben Kaufmann als gesondertes Unternehmen und dem Betrieb einer Hauptniederlassung mit mehreren Verkaufsstellen oder unselbstständigen Betriebsabteilungen. Entscheidend ist die organisatorische Selbstständigkeit der Zweigniederlassung. Sie ist aber rechtlich nicht selbstständig. Vielmehr sind die Geschäfte, die im Namen der Zweigniederlassung abgeschlossen werden, solche des Unternehmens, zu dem die Zweigniederlassung gehört (Einzelkaufmann, Personenhandelsgesellschaft, Kapitalgesellschaft, ausländische Gesellschaft usw.). Sonderregelungen befinden sich hierfür in den §§ 13 ff. HGB.
Für das Zwittergebilde Zweigniederlassung wird der Grundsatz der Firmeneinheit modifiziert. Hauptgeschäft und Zweigniederlassung bilden einen einheitlichen Geschäftsbetrieb. Die Firma der Zweigniederlassung kann daher mit der Firma der Hauptniederlassung gleich sein; ein Zusatz, der auf die Eigenschaft als Zweigniederlassung hinweist, ist hier nicht erforderlich. Die Firmen müssen aber nicht gleich sein. Mehrere Niederlassungen desselben Unternehmens dürfen unterschiedliche Firmen führen. Besteht für die Firma der Haupt- und der Zweigniederlassung ein einheitlicher Firmenkern, kann er durch jeweils unterschiedliche Zusätze ergänzt werden. Ist der Firmenkern verschieden, muss ein Zusatz die Zugehörigkeit der Zweigniederlassung zur Hauptniederlassung offenbaren.
Rz. 218
Die Gleichheit bzw. Verschiedenheit der Firma der Zweigniederlassung zur Hauptniederlassung hat in anderen Bereichen Auswirkungen. Eine Prokura kann auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen sogar Dritten ggü. beschränkt werden (§ 50 Abs. 3 HGB). Voraussetzung hierfür ist aber die Verschiedenheit der Firmen (§ 50 Abs. 3 Satz 1 HGB), die auch durch einen Zusatz zur Firma der Hauptniederlassung begründet werden kann (§ 50 Abs. 3 Satz 2 HGB).
Rz. 219
Unter den Voraussetzungen der §§ 22, 24 HGB darf ein erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma als Zweigniederlassung fortgeführt werden. Entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen muss ein (Zweigniederlassungs-)Zusatz ergänzt werden.
Beispiel
Übernimmt die OHG "Lesser & Co. OHG" die "Möbelfabrik Franz Krause", um diese als Zweigniederlassung weiterzuführen, kann die Firma der Zweigniederlassung lauten "Möbelfabrik Franz Krause, Zweigniederlassung von Lesser & Co. OHG, Berlin".