Rz. 30
Mitunter wechselt der Streitgegenstand eines Prozesses zwischen Anhängigkeit und letztendlicher Entscheidung durch Klagerücknahmen, Teilerledigungen, Klageerweiterungen oder Klageänderungen erheblich. Hier ist durchaus strittig, ob sämtliche Anträge – sofern diese nicht identisch sind – zu addieren oder nur die höchstens zeitgleich anhängigen Ansprüche zu berücksichtigen sind.
Korrekterweise ist hier wohl zwischen Zuständigkeitsstreitwert und Gebührenstreitwert zu unterscheiden. Der Zuständigkeitsstreitwert richtet sich dabei nach § 5 ZPO. Der Gebührenstreitwert richtet sich eher nach § 23 Abs. 1 RVG, § 39 GKG.
Für den Zuständigkeitsstreitwert bestimmt die gesetzliche Regelung die Addition aller geltend gemachten Ansprüche. Im Hinblick auf § 4 Abs. 1 ZPO werden der Zeitpunkt der Klageerhebung und der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als Maßstäbe angesetzt. Daraus ergibt sich, dass zwischenzeitliche Änderungen des Gegenstandswertes unerheblich bleiben sollen, sofern sich diese nicht auf den Streitstand bei Urteilsreife auswirken.
Der Gebührenstreitstand bestimmt sich nach der Addition der Streitgegenstände, die wohl mit den geltend gemachten Ansprüchen gleichgesetzt werden können. Zeitlich stellt § 40 GKG jedoch auf den Zeitpunkt der Antragstellung ab. Im Hinblick auf die Klageerhebung ist dieser bei Gebührenstreitwert und Zuständigkeitsstreitwert wohl identisch. Der Gebührenstreitwert wird bei jeder Antragstellung neu bestimmt. Dass diese Änderung bei Entscheidungsreife auch noch relevant sein muss, ist dabei unerheblich. Folglich können alle Streitwerte aller Anträge addiert werden.
Beispiel:
Rechtsanwalt C. Lever klagt für seinen Mandanten, den Vermieter Sören O. Lide offene Mietrückstände beim gewerblichen Mieter Laurenz Otter für die Monate Januar bis Juni im Wert von je 500,00 EUR pro Monat ein. Kurz nach Klageerhebung zahlt dieser die Miete für Januar. Eine weitere Miete wird mit einem Betriebskostenguthaben von 500,00 EUR aufgerechnet. Insoweit wird die Klage für erledigt erklärt. Einige Zeit später erweitert Lever die Klage um die nunmehr offenen Mieten für Juli und August.
Anfänglich betrug der Zuständigkeitsstreitwert der anhängigen Klage 3.000,00 EUR, reduzierte sich durch Teilzahlung und Aufrechnung auf 2.000,00 EUR, um dann durch die Klageerweiterung wieder 3.000,00 EUR zu betragen. Anträge wurden jedoch hinsichtlich der offenen Mieten für Januar bis August gestellt. Mithin dürften 4.000,00 EUR für den Gebührenstreitwert zu berücksichtigen sein.