Rz. 58

Das digitale Produkt ist nach § 327e Abs. 1 Satz 1 BGB in Umsetzung von Art. 7–9 Digitale-Inhalte-RL (Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit digitaler Produkte in Konkretisierung der Leistungspflicht nach § 327d BGB) frei von Produktmängeln (allgemeine Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit), wenn es zur "maßgeblichen Zeit" (vgl. § 327e Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, d.h. dem Zeitpunkt der nach § 327b BGB zu bestimmenden Bereitstellung)[247] nach den Vorschriften der §§ 327327s BGB (kumulativ)[248]

den subjektiven Anforderungen,
den objektiven Anforderungen und
(gleichrangig) den Anforderungen an die Integration

entspricht. § 327e Abs. 1 BGB differenziert damit im Hinblick auf Produktmängel zwischen drei Typen von Anforderungen.

 

Beachte

Die infolge Art. 8 Digitale-Inhalte-RL umgesetzte Update-Verpflichtung findet sich in § 327f BGB.

Art. 8 Abs. 1 Digitale-Inhalte-RL verfolgt im Unterschied zur alten VerbrGKRL (die nunmehr durch die WKRL abgelöst worden ist) das Konzept der Gleichrangigkeit von subjektiven und objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit[249] (arg.: Objektive Standards sollen durch Individualvereinbarung nicht abgesenkt werden können).[250]

Vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Digitale-Inhalte-RL (wonach die objektiven Standards durch eine entsprechende Gestaltung der individuellen, d.h. subjektiven, Vereinbarungen abgesenkt werden können) und Art. 8 Abs. 5 Digitale-Inhalte-RL (wonach vertragliche Abweichungen nur zulässig sind, wenn der Verbraucher diese ausdrücklich und gesondert akzeptiert hat). D.h., "die objektiven Kriterien sind zwingendes Recht, während die subjektiven Kriterien nur einschlägig sind, wenn die Personen entsprechende Vereinbarungen getroffen haben".[251] Im Interesse eines effektiven Verbraucherschutzes sind dabei die Restriktionen des § 327h BGB (in Umsetzung von Art. 8 Abs. 5 Digitale-Inhalte-RL) zu beachten.

 

Beachte

Nach Erwägungsgrund 48 der Digitale-Inhalte-RL kann die Nichteinhaltung der Anforderungen der DSGVO – einschließlich wesentlicher Grundsätze der Datenminimierung, Datenschutz durch Technik und datenschutzfreundliche Voreinstellungen – nach den Umständen des Einzelfalls als Verstoß gegen die subjektive oder objektive Vertragsmäßigkeit qualifiziert werden.

 

Rz. 59

Soweit nichts anderes bestimmt ist, ist gemäß § 327e Abs. 1 Satz 2 BGB[252] die "maßgebliche Zeit" der Zeitpunkt der Bereitstellung nach § 327b BGB.

Wenn der Unternehmer durch den Vertrag zu einer fortlaufenden Bereitstellung über einen Zeitraum (dauerhafte Bereitstellung) verpflichtet ist (i.S.e. Dauerleistung,[253] mithin im Unterschied zu einem einmaligen Akt oder einer mehraktigen Bereitstellung die durchgehende Vorhaltung des digitalen Produkts zum Abruf),[254] ist der "maßgebliche Zeitpunkt" nach § 327e Abs. 1 Satz 3 BGB[255] der gesamte vereinbarte Zeitraum der Bereitstellung (Bereitstellungszeitraum). Nach Erwägungsgrund 57 der Digitale-Inhalte-RL ist eine "dauerhafte Bereitstellung" bspw. ein Mehrjahresvertrag für einen Cloud-Speicher oder eine unbefristete Mitgliedschaft in einem sozialen Netzwerk.

Einem Produktmangel steht es nach § 327e Abs. 5 BGB gleich, wenn der Unternehmer ein anderes digitales Produkt (Aliud)[256] als das vertraglich geschuldete digitale Produkt bereitgestellt hat.

[247] Wohingegen die Digitale-Inhalte-RL selbst den Zeitpunkt nicht vorgibt.
[248] Dazu näher HK-BGB/Schulze, § 327e Rn 2.
[249] RegE, BT-Drucks 19/27653, S. 53.
[250] So Erwägungsgrund 45 der Digitale-Inhalte-RL.
[251] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Tamm/Tonner, Das neue Schuldrecht, § 2 Rn 101.
[252] Dazu näher HK-BGB/Schulze, § 327e Rn 3.
[253] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Tamm/Tonner, Das neue Schuldrecht, § 2 Rn 104.
[254] RegE, BT-Drucks 19/27653, S. 49.
[255] Dazu näher HK-BGB/Schulze, § 327e Rn 4 f.
[256] Näher HK-BGB/Schulze, § 327e Rn 36.

aa) Subjektive Anforderungen

 

Rz. 60

Das digitale Produkt entspricht nach § 327e Abs. 2 BGB[257] (in Umsetzung von Art. 7 Buchst. a und b Digitale-Inhalte-RL und in Anlehnung an § 434 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BGB alt) den subjektiven Anforderungen, wenn

das digitale Produkt (Nr. 1)

die (ausdrücklich oder konkludent) vereinbarte Beschaffenheit (i.w.S. alle Merkmale, die dem digitalen Produkt selbst anhaften oder sich aus seiner Beziehung zur Umwelt ergeben – und in Annäherung an § 434 BGB)[258] hat, einschließlich (d.h. nicht abschließend)[259] der Anforderungen an

  • seine Menge[260] (Quantität, z.B. Anzahl zugreifbarer Musikdateien),
  • seine Funktionalität[261] (nachstehende Rdn 61),
  • seine Kompatibilität[262] (Rdn 61) und
  • seine Interoperabilität[263] (Rdn 61)

(Buchst. a[264] in Umsetzung von Art. 7 Buchst. a Digitale-Inhalte-RL; eine Beschreibung ist nur relevant, wenn sie Vertragsbestandteil geworden ist),[265]

sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Buchst. b[266] in Umsetzung von Art. 7 Buchst. b Digitale-Inhalte-RL),

es wie im Vertrag vereinbart mit

Zubehör (physisches Zubehör, aber auch notwendige Treiber und ähnliche Ergänzungen für die Ausführung digitaler Produkte),
Anle...

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