Rz. 31
Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB sind nach § 327a BGB als weitere Konkretisierung des Anwendungsbereichs auch auf
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Paketverträge und auf |
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Verträge über Sachen mit digitalen Elementen |
anzuwenden, sofern es sich dabei um Verbraucherverträge handelt.
Erwägungsgrund 34 der Digitale-Inhalte-RL lässt nationale Rechtsvorschriften über verbundene und akzessorische Verträge des Verbrauchers mit demselben oder einem anderen Unternehmer unberührt: "Die vorliegende Richtlinie sollte nationale Rechtsvorschriften unberührt lassen, durch die geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen als verbunden mit oder akzessorisch zu einem anderen Vertrag betrachtet werden kann, den der Verbraucher mit demselben oder einem anderen Unternehmer geschlossen hat, welche Rechtsbehelfe für die jeweiligen Verträge vorgesehen sind und welche Auswirkungen die Beendigung eines dieser Verträge auf den anderen Vertrag hat".
I. Paketverträge
Rz. 32
Nach der Legaldefinition des § 327a Abs. 1 Satz 1 BGB – in Umsetzung von Art. 3 Abs. 6 der Digitale-Inhalte-RL – ist ein Paketvertrag ein solcher zwischen denselben Vertragsparteien (Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher), der neben der Bereitstellung digitaler Produkte auch
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die Bereitstellung anderer Sachen oder |
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die Bereitstellung anderer Dienstleistungen |
umfasst, d.h. eine Kombination in einem einzigen Vertrag mit Personenidentität auf beiden Seiten des Vertrags.
Rz. 33
Personenidentität soll auch dann noch anzunehmen sein, wenn der Unternehmer zur Vertragserfüllung (Erfüllung der unternehmerischen Verpflichtungen gegenüber dem Verbraucher) einen Dritten einschaltet – was bspw. im Falle einer Endnutzer-Lizenzvereinbarung (EULA) typischerweise der Fall und damit unschädlich ist. Entscheidend ist die Verbindung in ein und demselben Vertrag.
Darunter fällt z.B. eine Vertragsvereinbarung über die Bereitstellung eines Videostreamingdienstes gemeinsam mit einem Kaufvertrag über ein Elektronikprodukt (Fernseher, Handy, Laptop etc.), das zur Wiedergabe der digitalen Inhalte oder Dienste geeignet ist. Oder wenn in ein und demselben Vertrag sowohl eine Playstation als auch verschiedene digitale Spiele erworben werden.
Rz. 34
Eine inhaltliche Verbundenheit oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Leistungspflichten ist hier nicht erforderlich, wie dies bspw. bei einem echten verbundenen Vertrag (i.S.v. § 358 BGB) oder bei einem zusammenhängenden Vertrag (i.S.v. § 360 BGB) notwendig wäre.
Rz. 35
Rechtsfolge im Zusammenhang mit einem Paketvertrag ist, dass die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB in dieser Konstellation dann gemäß § 327a Abs. 1 Satz 2 BGB nur auf die digitalen Bestandteile des Vertrags anzuwenden sind. Für die anderen Vertragsteile gelangen die jeweils für die betreffenden Sachen oder Dienstleistungen anwendbaren Vorschriften (was sowohl Umsetzungsvorschriften von Richtlinien als auch sonstiges nationales Recht sein kann) zur Anwendung (sog. Split Approach). Es kommt also zu einer Aufspaltung der anwendbaren Vorschriften und damit zu einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der §§ 327 ff. BGB.
Hinweis
Beachte aber § 327c Abs. 6 und § 327m Abs. 4 BGB zur Frage einer Beendigung (wegen unterbliebener Bereitstellung oder eines Mangels) des Vertrags und dessen Folgen für die anderen Elemente des Paketvertrags: Danach erstreckt sich das Vertragsbeendigungsrecht, wenn der Verbraucher den Vertrag wegen eines mangelhaften digitalen Produkts beenden kann, auf den gesamten Paketvertrag.
Beachte zudem
Durch die Formulierung "Sachen" anstelle von "Waren" und die vertragstypenübergreifende Natur der §§ 327 ff. BGB sowie ihren einseitig zwingenden Charakter (§ 327s BGB) könnte diese Regelung noch einige Sprengkraft entwickeln.