1. Anwendungsbereich
Rz. 114
Auf Verträge zwischen Unternehmern, die der Bereitstellung digitaler Produkte gemäß der nach den §§ 327 und 327a BGB vom Anwendungsbereich der §§ 327–327s BGB erfassten Verbraucherverträge dienen, sind gemäß § 327t BGB, der den Anwendungsbereich (sämtliche Verträge eines Unternehmers mit Vertriebspartnern, um die eigene Leistungspflicht zur Bereitstellung eines digitalen Produkts aus einem von den §§ 327t–327u BGB erfassten Vertrag erfüllen zu können) umreißt, in Umsetzung von Art. 20 Digitale-Inhalte-RL (Rückgriffsansprüche) ergänzend die Vorschriften der §§ 327t und u BGB anzuwenden.
2. Rückgriff des Unternehmers
Rz. 115
Da die §§ 327–327s BGB auf Verbraucherverträge beschränkt sind, besteht für die von den §§ 327t und u BGB erfasste Vertriebskette kein einheitliches Vertragsrecht im BGB. "Damit bleiben insbesondere die Regelungen des Abschnitts 8 von Buch 2 [§§ 433 bis 487 BGB] im Übrigen auf die entsprechenden Vertragsverhältnisse anwendbar".
a) Aufwendungsersatz in der Regresskette
Rz. 116
Nach Art. 20 Digitale-Inhalte-RL ist der Unternehmer, der einem Verbraucher für die nicht erfolgte oder nicht vertragsgemäße Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen infolge eines Handelns oder Unterlassens einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette haftet, berechtigt, den oder die innerhalb der gewerblichen Vertragskette Haftenden in Regress zu nehmen, wobei die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber die Entscheidung darüber überlässt, welche Person der Unternehmer in Regress nimmt und welche entsprechenden Maßnahmen und Bedingungen für die Geltendmachung der Rückgriffsansprüche er ergreift.
Der Rückgriffsanspruch nach Art. 20 Digitale-Inhalte-RL soll gemäß Erwägungsgrund 78 der Digitale-Inhalte-RL auf den Geschäftsverkehr beschränkt werden. Nicht erfasst werden sollen Konstellationen, in denen der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher wegen einer Vertragswidrigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen haftet, die auf einer Software aufbauen, die ohne die Zahlung eines Preises im Rahmen einer freien und quelloffenen Lizenz von einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette bereitgestellt werden.
Damit ist vom Anwendungsbereich des Art. 20 Digitale-Inhalte-RL insbesondere die Open Source Software ausgenommen.
Vgl. auch Art. 3 Abs. 5 Buchst. f Digitale-Inhalte-RL, der Verträge vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausnimmt, die Software zum Gegenstand haben, die der Unternehmer im Rahmen einer freien und quelloffenen Lizenz anbietet, wenn der Verbraucher keinen Preis zahlt und die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten durch den Unternehmer ausschließlich zur Verbesserung der Sicherheit, der Kompatibilität oder der Interoperabilität dieser speziellen Software verarbeitet werden.
Rz. 117
§ 327u BGB regelt in Umsetzung von Art. 20 Digitale-Inhalte-RL den Rückgriff des Unternehmers bei digitalen Produkten.
Beachte
§ 327u BGB ist nach der Klarstellung in § 327t BGB nur auf Verträge zwischen Unternehmern anzuwenden, d.h. in der Relation B2B, die die Bereitstellung digitaler Produkte (welche vom Anwendungsbereich der §§ 327 und 327a BGB umfasst werden, zum Gegenstand haben. Im Verhältnis zum Kaufrecht gilt Folgendes:
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§ 327t BGB ist lex specialis gegenüber den §§ 327 ff., soweit der Regressanspruch des Unternehmers gegenüber einem Vertragspartner betroffen ist, und der letzte Vertrag in der Lieferkette Verbrauchervertrag (B2C-Vertrag) ist, was auch § 445c BGB klarstellt. |
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Steht im letzten Glied der Vertragskette hingegen ein B2B-Vertrag in Rede, gelangen die §§ 445a ff. BGB zur Anwendung mit der Folge, dass es keines Rückgriffs auf § 327u BGB bedarf. |
Der Unternehmer kann von dem Unternehmer, der sich ihm gegenüber zur Bereitstellung eines digitalen Produkts verpflichtet hat (Legaldefinition des Vertriebspartners [Vertragspartner] als Schuldner, "der sich im vorletzten Glied der Vertragskette gegenüber dem betreffenden Letztunternehmer zur Bereitstellung eines digitalen Produkts verpflichtet hat," d.h. der Vertragspartner, von dem der Unternehmer das digitale Produkt bezogen hat), nach § 327u Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die ihm im Verhältnis zu einem Verbraucher wegen einer durch den Vertriebspartner verursachten (i.S.e. kausalen Zusammenhangs, der in einem Tun oder Unterlassen bestehen kann) unterbliebenen Bereitstellung des vom Vertriebspartner bereitzustellenden ...