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Gerade der einem Laien nur schwer zu erklärende Unterschied zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung führt zu einer Vielzahl von privatschriftlichen auslegungsbedürftigen Testamenten. Ein häufiger Fall ist hierbei die aufzählende Verteilung aller wesentlichen Nachlassgegenstände. Hat der Erblasser in seiner Verfügung einen bestimmten Gegenstand einer Person zugewendet, so ist sie nach Ansicht des BayObLG[16] dahingehend auszulegen, dass, wenn es sich bei dem Gegenstand um den wesentlichen Teil des Vermögens des Erblassers handelt, eine Erbeinsetzung anzunehmen ist.

Entsprechendes gilt nach Ansicht des BGH[17] auch dann, wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen entweder nach Vermögensgruppen oder nach Einzelgegenständen unter den bedachten Personen verteilt hat. Hier ist es naheliegend, dass seitens des Erblassers eine Erbeinsetzung gewollt war, auch wenn er diesbezüglich keine explizite Erbenbenennung in der Verfügung getroffen hat.

Verteilt der Erblasser daher sein im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes gesamtes Vermögen und bezeichnet er die Empfänger als Erben, ist dies regelmäßig als Erbeinsetzung auf eine Erbquote zu werten, die dem Wert des zugewandten Gegenstandes (Vermögensgruppe) im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Nachlasses entspricht. Für eine Beibehaltung gleicher Quoten und der Annahme eines Vorausvermächtnisses ist nach Ansicht des OLG Stuttgart dann kein Raum.[18]

Der mit der Gestaltung beauftragte Berater sollte diesen Weg der Einsetzung nach Vermögensgruppen grundsätzlich nicht beschreiten. Er hat vielmehr entsprechend der Gesetzessystematik vorzugehen und zwischen Erbeinsetzung und den Anordnungen über die Auseinandersetzung zu unterscheiden (siehe § 12 Rdn 1 ff.).

[16] BayObLG FamRZ 1993, 854.
[17] BGH DNotZ 1972, 500.

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